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Otto Kroesen: Die vier Evangelien und die Frucht der Lippen

Rosenstock-Huessys Lesart der Evangelien hat einen ungewöhnlichen Blickwinkel. Er ist mit den Ansichten der Neutestamentler über die vier Evangelien vertraut, aber sein Blickwinkel ist ein anderer, und so bekommt auch der Leser etwas ganz anderes zu sehen. Otto Kroesen Wie unterscheidet sich Rosenstock-Huessys Lesart der Evangelien von der gängigen Lesart der Neutestamentler seiner Zeit? Darum geht es in diesem Beitrag. Der Beitrag befasst sich auch mit einigen neueren Entwicklungen in der neutestamentlichen Wissenschaft nach seiner Zeit. Schließlich ziehe ich die Geschichte von der Versuchung in der Wüste als Beispiel heran, um den manchmal etwas abstrakten Ansätzen einen konkreten Inhalt zu geben.

Die Perspektive von Rosenstock-Huessy

Rosenstock-Huessy misst den vier Evangelien große Bedeutung bei. Jesus Christus ist Grundstein und Prüfstein für sein gesamtes Geschichtsbild. Ohne das Kreuz Christi hätte die Menschheit nicht zu einer gemeinsamen Geschichte gelangen können, denn jeder Mensch wäre geistig und körperlich unter dem Schutz seiner Gruppe geblieben, unfähig, außerhalb seiner selbst und der Gruppe zu denken und zu handeln 1. Immer wieder kehrt Rosenstock-Huessy in seinem Werk zu dieser zentralen Bedeutung von Christus zurück. Schon in dem 1923 erschienenen Artikel „Angewandte Seelenkunde“ steht Jesus Christus im Mittelpunkt 2. In diesem Artikel stellt er seine grammatikalische Methode vor, die er später das Kreuz der Wirklichkeit nennt. Aber, so argumentiert er, die Wirklichkeit des Kreuzes ist die zugrunde liegende Motivation für das Kreuz der Wirklichkeit. Im Kreuz Christi kippen die Richtungssymbole der gesamten Kultur. In der Antike war die Autarkie ein zentrales Element jeder Stadt und jedes menschliches Lebens. Man ist nur dann ein Mensch, wenn man autark ist, d.h. unabhängig, nichts von anderen oder von außen benötigend. Auch die Götter sind autark. Sie brauchen nichts. Sie existieren in und durch sich selbst. Deshalb kümmern sie sich auch nicht um die Menschen. Nur das, was in und durch sich selbst existiert, ist wirklich unabhängig, hat Substanz. Substanz, dieses Wort selbst bedeutet in und durch sich selbst zu existieren.

Von Christus an wird die Kultur jedoch durch ein anderes Symbol geleitet: Man existiert durch und für andere. Das sogenannte Selbst ist ein Knotenpunkt des Empfangens und Weitergebens. In diesem Prozess des Empfangens und, auf neue Weise, Weitergebens wird das Selbst erst wachgerufen, - wachgerufen werde ich, daß ich bin, weil „das“ Ich nicht existiert. Ich existiere als ein antwortendes Wesen. Und die Antwort von mir und meiner Zeit nimmt schließlich in der äußeren Welt Gestalt an. Sehen wir uns das Kreuz der Wirklichkeit an: von der Vergangenheit empfangen und in die Zukunft weitergeben; im Gespräch mit anderen gleichzeitig werden und der Antwort dieser Gleichzeitigkeit in der Außenwelt Gestalt geben. Ich möchte für diese Form der Existenz den Begriff Substitution vorschlagen: durch, für und mit anderen existieren. Auch Rosenstock-Huessy verwendet dieses Wort so dann und wann, aber erst bei Levinas hat der Begriff der Substitution seine volle Wirkung entfaltet 3. Wörtlich bedeutet es: ersetzen. Das ist auch seine Bedeutung in der Mathematik. Ich trete für den anderen ein, und das - für den anderen eintreten - bin ich. Ich bin, in meinem Wesen, ganz und gar Referenz. Diese Wendung von der Autarkie und Substanz zur Substitution und Stellvertretung wird in den Evangelien erzählt.

Rosenstock-Huessy setzt nun jedes Evangelium mit einer der vier Traditionen der Antike (Stämme, Reiche, Israel, Hellas) in Beziehung. Seine These ist, dass diese vier Traditionen durch die Evangelien miteinander verbunden sind. Bis vor der christlichen Zeitrechnung waren sie getrennte Welten. Sie stehen in einem seltsamen Gegensatz zueinander und bilden gegeneinander abgeschlossene Größenordnungen. Auch wenn diese Gesellschaftsformen scheinbar miteinander verwoben sind, ist das nur eine pragmatische Tatsache 4. Sie sind nicht wirklich offen füreinander. Man denke an den modernen Begriff der Toleranz. Menschen, die sich nur gegenseitig tolerieren, lieben sich nicht wirklich. Das Gleiche gilt für Formen des Zusammenlebens. Dieser Zustand wird nun durch Jesus Christus, durch die Evangelien, aufgeschlossen. Von nun an können Menschen die Lebensweisen anderer Menschen und Gruppen zu ihren eigenen machen. Sie werden zu Formen, die die Liebe zum Anderen annehmen kann. So werden diese vier Ströme der Kultur für alle zugänglich. Die Bedingung ist, dass man sie nur vorübergehend benutzt und sie im Laufe der Zeit wechselt.

Denn in keiner dieser vier Formen darf die Liebe eingesperrt oder verschlossen bleiben. Denn jede dieser Formen impliziert auch eine Begrenzung. Die Liebe braucht ein Bett, aber sie muss auch immer wieder über ihre Ufer treten. Unter diesem Gesichtspunkt weist Rosenstock-Huessys Konzeption der Evangelien eine Reihe von Besonderheiten auf:

  1. Dass in jedem Evangelium ein Traditionsstrom aufgebrochen wird, bedeutet, dass auch der Schreiber des jeweiligen Evangeliums einen tiefgreifenden Veränderungsprozess durchläuft. Das zeigt sich auch in den Evangelien selbst. Sie gehen aus dem Schreibprozess anders hervor, als sie vorher waren.
  2. Die drei synoptischen Evangelien wurden vor 70 geschrieben, Johannes wahrscheinlich danach. Alle drei Evangelien sind Originale, geschrieben von den Autoren, deren Namen sie tragen. Sie tragen die Namen ihrer Verfasser.
  3. Alle vier Evangelien haben ihren Ursprung in bestimmten historischen Umständen, die ihre Abfassung unumgänglich machten. Die Evangelisten waren nicht so sehr darauf bedacht, ein Evangelium zu schreiben. Sie waren vielmehr misstrauisch gegenüber dem geschriebenen Wort. Schließlich waren die Schriftgelehrten ihrer Zeit zu geistlichen Bürokraten geworden. Dem setzten sie das neue Leben in der Nachfolge Christi entgegen. Aber sie mussten schließlich doch selbst schreiben, um die Sache zu retten. Matthäus schreibt während den Verfolgungen nach die Ermordung von Stephanus, Markus schreibt unter der Leitung und Führung von Petrus in Rom unter dem Druck der Verfolgung. Deshalb schreibt er auch gegen die Herrschaft der Göttersöhne des Römischen Reiches an. Lukas rettet die jüdische Inspiration, indem er sie den von Paulus gegründeten griechisch-sprachigen Gemeinden dosiert verabreicht, Johannes gibt der wackeligen Sprache der Philosophie eine Orientierung und Verwurzelung in Jesus als dem Wort womit alles anfängt.
  4. Jede neue Epoche beginnt mit einem Sprung, einem Ursprung, einem plötzlich vernommenen und befolgten Imperativ. Dieses Feuer erlahmt langsam, aber es wird auch langsam und Schritt für Schritt verwirklicht. Mit dieser methodischen Herangehensweise als Wünschelrute können Sie die Evangelien mit den folgenden Fragen belauschen:
    a) Wo findet die erste Explosion statt? In der grammatischen Methode von Rosenstock-Huessy wird das angedeutet als der Imperativ.
    b) Wie wird diese Stimme weitergetragen? Grammatisch ist das die Phase des Dialogs, der Poesie, der Lyrik.
    c) Wann wird diese Stimme in einer Gemeinschaft gehört, die sich bewährt? Grammatisch die Phase der Partizipativ.
    d) Wie wird diese Stimme auch in der Außenwelt wahrgenommen? Grammatisch die Phase der Indikativ 5.

Rosenstock-Huessy sieht im Matthäusevangelium den Imperativ. Der Gerechte, der König Israels, der Messias wird geboren und verworfen. Diese Verwerfung des wahren Menschen beherrscht sein Evangelium. Markus ist Phase zwei, das lyrische Evangelium 6, wo alles direkt und heute ist, wo die Gläubigen angesprochen werden auf ihre Leidensbereitschaft, ihr Wachen mit Christus. Lukas erzählt die Geschichte, in der ein Wir sich schon konstituiert hat, die Phase des Partizipativs. Schließlich ist es Johannes, der die ganze Geschichte vom Anfang bis zum Ende abdeckt und fast wissenschaftlich feststellt, dass Jesus Christus von Anfang an das Wort Gottes ist und dass dieses Wort schließlich zum Ende Roms und zum Kommen des neuen Jerusalems auf der Erde führen wird (Johannes und die Offenbarung des Johannes), und somit ist die objektive Realität der Außenwelt auf das Ende ausgerichtet.

Es gibt Argumente dafür die Reihenfolge von Markus und Lukas hier umzudrehen, anders als Rosenstock-Huessy, also Lukas als zweite Stimme und Markus als dritte zu verstehen. Denn Lukas bringt den neuen Impuls von Matthäus ins Gespräch mit den Christen aus den Nationen und vollzieht damit einen Übergang, eine Umdeutung von Matthäus in eine neue Situation, in der Nachfolge des Paulus: dosierte Weitergabe der Botschaft des wahren Israel an die Völker aus den Nationen, in einem fortlaufenden Prozess. Das ist historisch besser zu deuten als die zweite Phase, die Phase des Dialogs. Denn wo Matthäus mit dem eigenen Gruppe das Wir-Gefühl der israelischen Schriftgelehrten bricht (und auf diese Weise bricht er mit dem Stamm!), überbrückt Lukas die Kluft zwischen zwei Lebensweisen, die seitdem miteinander sprechen und ringen, in Dialog weiter bestehen. Markus schreibt dann als dritter für die verfolgten Christen in Rom, er versucht, die manchmal gegensätzlichen Wahrheiten von Matthäus und Lukas zu bewahren und zu verbinden, aber er reduziert dabei ihre unterschiedlichen Beiträge auf das, was die Gemeinschaft während die Verfolgungen in Rom in diesem Moment braucht, um sich in die Krise der siebziger Jahre zu bewähren. Das ist die Phase des Partizipativs. Die Gruppe soll konsolidiert werden.

Opposition zwischen Matthäus und Lukas

Obwohl Matthäus das erste Evangelium ist (für Rosenstock-Huessy, aber nicht für die Mehrheit der neutestamentlichen Gelehrten), wird es nicht nur vom Imperativ, sondern auch von der Lyrik beherrscht. Es ist ein Evangelium voll von Poesie. Es verwendet ständig poetische rabbinische und alttestamentliche Ausdrücke. Es zeigt Rhythmus und Stimme und bestätigende Gegenstimme, wie in den Psalmen. In Dreierrhythmen werden die Ereignisse erzählt und jedes Mal erneut wiederholt. Matthäus versucht, so viel wie möglich in der Sprache der Rabbiner, den neuen Klang hörbar zu machen. Er hält sich eng an die jüdische Tradition: Man denke an das Gesetz, dessen Tittel noch Jota vergeht, Matthäus 5,18; man denke auch an die Tempelsteuer, die man brav entrichtet, um keinen Anstoß zu erregen, Matthäus 17,22-27. Er hat die neue Gemeinschaft der Jesus-Nachfolger vor Augen, die in ihrem Gemeinschaftsleben zur Vollkommenheit gelangt sind, Matthäus 5,48. Für sein eigenes Verständnis lebt er also in der Zeit der Verwirklichung. Das Reich Gottes ist in dieser neuen Gemeinschaft angekommen! 7.

Bei Lukas hingegen sind wir eher immer auf dem Weg zum Reich. Dann ist die Vollkommenheit kein erworbener Besitz, sondern etwas, das der Gemeinschaft in der Zukunft bevorsteht. Das passt auch besser zu den von Paulus gegründeten bürgerlichen Gemeinden 8. Wohlhabende Juden oder Heiden nehmen die armen Leuten in ihren Häusern auf. Sie kümmern sich um die Armen und bilden eine alternative moralische Gemeinschaft, d. h. eine Alternative zu den zynischen/gleichgültigen Verhältnissen im Römischen Reich. Bei Matthäus sind die Verhältnisse anders. Für ihn ist in der Gemeinde der Jünger das Reich Gottes auf Erden schon gekommen. Seine Gemeinden, die nach die Ermordung des Stephanus wegen der Verfolgung nach Syrien und Galiläa geflohen sind, sind die Antwort auf den Imperativ. In die schäbigen und leidenden Gestalt der Verfolgten wird das Reich der Himmel auch irdische Wirklichkeit. Denn der neue Imperativ besteht im Leben und Sterben Jesu, besser im Tod und Leben Jesu. Darauf antwortet die jüdische Gemeinde der Jünger. Auf diesem Weg sind sie schweren Verfolgungen ausgesetzt. In diesen Verfolgungen ist Jesus unter ihnen: Immanuel! Er geht vor ihnen her nach Galiläa (Matthäus 28,7).

Warum erscheint – Matthäus kündigt das an – der Herr in Galiläa? Warum geht er ihnen dort voraus? Das ist weil bei diesen Verfolgungen der Herr anwesend ist. Das ist der Ort, an dem der Herr ist. Denn er ist Immanuel: In Matthäus 1,23 heißt es: „Die Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären, und sie werden ihm den Namen Immanuel geben“, aber auch in Matthäus 28,20: „Ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung der Welt“ - Immanuel bedeutet: Gott ist bei uns. Immanuel also: am Anfang und am Ende! Wenn alte Schriften eine solche „Inclusio“ enthalten, hat das eine Bedeutung. Diese Gegenwart Gottes in der Gemeinde ist Endpunkt und Höhepunkt, Verwirklichung des Reiches Gottes und der Gegenwart Christi.

Selbst wenn man also Matthäus - Imperativ; Lukas - Dialog; Markus - Partizipation und damit Gemeinschaft; Johannes - Indikativ und damit Theorie (Sehen des Sehers) zu-ordnet, ist es wichtig, noch immer im Auge zu behalten, dass alle vier Sprachelemente vom Imperativ bis zum Indikativ in allen Evangelien reichlich vorhanden sind. Es handelt sich um eine Frage der Betonung.

Das synoptische Problem

Hier möchte ich den Leser einführen in einige weitverbreitete Auffassungen hinsichtlich der gängigen Interpretation der Evangelien. „Das synoptische Problem“ - so nennt man gemeinhin die Frage nach dem Zusammenhang der Evangelien, ihrer Reihenfolge und Herkunft. Wer hat was von wem abgeschrieben? Und welche anderen Quellen spielen eine Rolle, wenn es die gibt? Wie wiederum verhält sich die Behandlung dieses Problems in der neutestamentlichen Wissenschaft zur Interpretation von Rosenstock-Huessy – so fragen wir?

Um mit der letztgenannten Frage zu beginnen: Es gibt kaum einen Zusammenhang zwischen dieser Debatte und Rosenstock-Huessys Sicht der Evangelien. In der Debatte der Neutestamentler über den Zusammenhang der Evangelien gibt es kaum Hinweise auf die existentiellen, personalen, historischen und heilsgeschichtlichen Zwänge, unter denen nach Rosenstock-Huessy die Schreiber der Evangelien standen. Viele Neutestamentler sind nichts anderes als theoretische Bürokraten, die auf ihren Schreibtischen liegende Texte vergleichen. Sie sind selbst immer in der gleichen Geisteshaltung und unterstellen die gleiche Geisteshaltung bei den Evangelienschreibern. Man bekommt oft einen verflachten Eindruck von ihren „Analysen“. Sie nehmen wenig Rücksicht auf die Stimmung des Schreibenden. Sie suchen sich heraus, wie oft ein bestimmter Ausdruck vorkommt, und dann, wer unter den Evangelienschreibern derjenige ist, der diesen Ausdruck zuerst verwendet hat, und so weiter. Daran ist an sich nichts falsch.

Diese Art der Analyse hat sicher ihr Recht, wichtige Aspekte bleiben ihr allerdings verborgen. Denn wenn jemand unter einem neuen Imperativ steht, weil alte Verhältnisse nicht mehr tragbar sind, dann schreibt er ganz anders, als wenn jemand lediglich eine andere Auffassung von den Glaubensinhalten des Alten Testaments entwickelt hat und fortan als Christ durchs Leben geht, nur weil er sich als Büchermensch darüber Gedanken gemacht hat - also bereits als Schluss eines Arguments. Das Kreuz der Wirklichkeit fehlt oft - so könnte ich es auch ausdrücken. Das verengt den Blick auf eine eindimensionale Wahrnehmung. Das ist freilich auch bei einem analytischen Ansatz nicht immer der Fall, und es gibt Interpreten, die einen breiteren theologischen Blick haben. Doch wo es nach Rosenstock-Huessy in den Evangelien um eine umfassende persönliche und gesellschaftliche Transformation geht, ist dies bei den Neutestamentlern in der Regel nicht der Fall. Infolgedessen schenken sie den Brüchen zwischen Vergangenheit und Zukunft und den Spannungen der Zeit zu wenig Aufmerksamkeit. Sie sind mehr mit ihrer inneren Welt (was denken andere Gelehrte; kann ich mit meinen neuen Erkenntnissen aufwarten oder manövriere ich ins Abseits?) und der äußeren Welt (Analyse der verfügbaren Texte) beschäftigt. Worum geht es also bei der gängigen Interpretation der Evangelien als solcher? Ich werde einiges nennen:

a. Wurden die Evangelien vor oder nach 70, vor oder nach dem Fall Jerusalems geschrieben? Die häufigste Ansicht ist, dass alle Evangelien nach dem Fall Jerusalems geschrieben wurden. Das liegt vor allem daran, dass in den Evangelien, zum Beispiel in Markus 13, Matthäus 24 und Lukas 21, der Fall Jerusalems angekündigt wird. Wie hätten sie das im Voraus wissen können? Einige Ausleger stellen aber fest, dass die Beschreibung des Falls von Jerusalem in die genannten apokalyptischen Reden so allgemein gehalten ist, dass man daraus nichts Historisches ableiten kann 9.

b. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Datierung von Markus. Da dies das kürzeste Evangelium ist, wird Markus gewöhnlich als das ursprüngliche Evangelium bezeichnet. Es liegt auf der Hand, dass Matthäus und Lukas diesen kurzen Text aus Markus übernommen haben. Ein weiteres Argument ist, dass Markus eine Art Mittelstellung zwischen Matthäus und Lukas einnimmt, was die Abfolge der Ereignisse angeht. Mit diesem Argument kann man aber in zwei Richtungen gehen. Es gibt auch Gründe, die mittlere Position von Markus aus der Tatsache zu erklären, dass er später und mit dem ausdrücklichen Ziel schreibt, die Widersprüche zwischen Matthäus und Lukas abzuschwächen.

c. Es wird also allgemein angenommen, dass Matthäus und Lukas Markus vor sich hatten. Aber kannten sie auch das Evangelium des jeweils anderen? Autoren, die der Meinung sind, dass Lukas und Matthäus sich nicht kannten, brauchen eine zusätzliche Quelle, die Lukas und Matthäus gemeinsam haben, weil viele Worte und Ereignisse zu ähnlich sind. Dieser Ansatz ist als Zwei-Quellen-Theorie bekannt: eine weitere Quelle zusätzlich zu Markus. Es hat sogar Versuche gegeben, einen solchen Quellentext auf der Grundlage der vorhandenen Evangelien zu rekonstruieren. Es gibt aber auch Gelehrte, die argumentieren, dass Lukas Matthäus nachweislich redigiert hat. Mit Namen Goulder und Farrer sind mit diesem Ansatz bekannt geworden 10. In diesem Fall ist eine zusätzliche Quelle nicht notwendig.

Goulder und Farrer gehen aber auch davon aus, dass Markus die älteste ist. Der Markus-Text müsste dann die Lehre enthalten, die die Apostel in Jerusalem vertraten, was dann hauptsächlich das Werk von Jakobus, Johannes und Petrus wäre, die damals die Gemeinde leiteten. Für Goulder sind freilich auch die theologischen Unterschiede zwischen Matthäus und Lukas von großer Bedeutung. Matthäus hat eine stark rabbinische Interpretation des Lebens der ersten Gemeinde, wie ich bereits erwähnt habe. Als Matthäus aus dem Aramäischen ins Griechische übersetzt wurde, löste das nach Goulders Ansicht bei den von Paulus gegründeten Gemeinden einen großen Schock aus. Schließlich hatte Paulus die Beschneidung abgeschafft und die Bedeutung der Speisegesetze auf ein Minimum reduziert. Und nun, mit diesem Evangelium, sollten sie sich tatsächlich wieder dem jüdischen Gesetz unterwerfen, um ebenfalls „vollkommen“ zu sein (Matthäus 5,48). Nach Lukas sind die Gemeinden aber nicht die Verwirklichung des Reiches Gottes, sondern nur auf dem Weg dorthin. Der Weg, so wird die christliche Gemeinde auch in der Apostelgeschichte genannt.

Farmers Lösung - Konferenz im Jahr 1965 und danach

Aus der Sicht von Rosenstock-Huessy verdient der Vorschlag von Farmer besondere Aufmerksamkeit. In seinem 1964 veröffentlichten Buch stellt er die selbstverständliche Dominanz der Zwei-Quellen-Theorie in Frage 11. Zwei-Quellen-Theorie ist die Bezeichnung für den bereits erwähnten Ansatz, der neben Markus für Matthäus und Lukas eine zweite Quelle voraussetzt. Farmers These lautet demgegenüber, dass Markus sein Evangelium auf der Grundlage der Werke von Lukas und Matthäus geschrieben hat. Dieser Ansatz ist als die Zwei-Evangelien-Theorie bekannt geworden. Farmer stützt sich auf das Zeugnis der Kirchenväter, aber auch auf eine Interpretation der liberalen Theologie des 19. Jahrhunderts und schließlich auf eine sorgfältige Analyse der Texte der ersten drei Evangelien. Seiner Argumentation und Methode werde ich bei nächster Gelegenheit gerne einen eigenen Beitrag widmen.

Interessant für die Auslegung Rosenstock-Huessys ist eine Tagung, die 1965 von einigen Mitgliedern der Rosenstock-Huessy-Gesellschaft mit diesem William Farmer unter Beteiligung von Rosenstock-Huessy selbst und dem damals führenden Neutestamentler Conzelmann veranstaltet wurde. Als wir als Vorstand der Gesellschaft selbst das Archiv in Bethel aufräumten im Herbst von 2023, fand ich einige Mappen mit Material zu dieser Konferenz. Daraus geht zwar hervor, dass bei dieser Konferenz nicht viele neue Gesichtspunkte zutage traten, aber die Konferenz führte zu einem unerwarteten Ergebnis. Conzelmann und Farmer berieten sich während dieser Konferenz über die Organisation einer internationalen Konferenz über die vermeintlichen Selbstverständlichkeit der Zwei-Quellen-Theorie. In der Tat organisierte Farmer mit einer Reihe von Unterstützern - der Name Conzelmann taucht hier nicht mehr auf - sechs große internationale Konferenzen über das synoptische Problem 12. Inzwischen war auch der Ansatz von Farrer und Goulder auf den Plan getreten. Diese Konferenzen befassen sich daneben noch mit einem vierten Ansatz, der die Aufmerksamkeit auf die mündlichen Überlieferungen lenkt, die die Entstehung der Evangelien beeinflusst haben. Die Vertreter dieser Ansicht gehen dabei oft sehr weit: Die Konstruktion von Quellen und Traditionen hinter den Evangelientexten, wie wir sie kennen, nimmt kein Ende. So wird das Ganze sehr spekulativ. Farmer geht von den Texten aus, wie wir sie kennen, und behauptet nicht, dass es weitere Quellen gibt. Er argumentiert, dass Matthäus das erste Evangelium ist, dass Lukas als Anhänger des Paulus dieses Evangelium redigiert und auf die Bedürfnisse der Gemeinden des Paulus zugeschnitten hat, und dass Markus als drittes Evangelium ein gewisser Kompromiss aus diesen beiden Ansätzen ist.

Mit diesen sechs Konferenzen ist es Farmer gelungen, die bestehenden Selbstverständlichkeiten in Hinsicht auf das synoptische Problem gründlich zu erschüttern. Zwar ist die Zwei-Quellen-Theorie auch in unserer Zeit noch vorherrschend, aber vor allem bei Leuten, die sich nicht oder nur beiläufig mit dem synoptischen Problem befassen. Mit einem gewissen Automatismus werden alte Selbstverständlichkeiten in die Zukunft mitgenommen, während diejenigen Neutestamentler, die sich intensiver mit dem Problem beschäftigen, sich der Schichtung des Problems und des Spektrums möglicher Interpretationen bewusster geworden sind. Auch hier spielt natürlich die Tatsache eine Rolle, dass Menschen, die sich einmal an einen bestimmten Ansatz gewöhnt haben, nur schwer wieder aus ihrer Spur zu bringen sind. Ist man erst einmal Anhänger eines bestimmten Ansatzes, lassen sich immer wieder Argumente finden oder konstruieren, die diesem Ansatz Glaubwürdigkeit verleihen, so dass dissonante Informationen umgangen werden. Die vielen Umwege der Debatte führen oft dazu, dass man das Thema liegen lässt.

Am Ende seiner Karriere schrieb Farmer noch ein prägnantes Buch für einfache Kirchenmitglieder, in dem er seinen Ansatz und seine Argumente kurz und klar erläutert 13. Und mehr als das: Er zeigt auch, wie zerstörerisch der allgemeine Relativismus gegenüber den Evangelien für den Glauben der Kirche ist. Ihm zufolge ist das synoptische Problem daher auch ein pastorales Problem. Ich vermute, dass hierin der Einfluss von Rosenstock-Huessy noch zu Tage tritt. Auch Rosenstock-Huessy stellt immer wieder fest, dass die Evangelien falsch sind, wenn wir noch Quellen dahinter konstruieren müssen und die Evangelien nicht beim Wort nehmen können 14. Wenn wir etwas hinter ihnen suchen müssen, sind sie nicht echt. Ob Farmer dies von Rosenstock-Huessy übernommen hat, ist nicht zu beweisen, aber es ist auffällig, dass er in diesem Werk so nachdrücklich darauf zurückkommt.

Sollte der Leser inzwischen der Lektüre verschiedener Theorien und Ansätze überdrüssig sein und auch lieber das Thema einfach übergehen, so ist diese Einsicht von Farmer und von Rosenstock-Huessy ein Argument, das nicht zu tun. Es kommt darauf an, ob und in welcher Weise wir die Evangelien als zuverlässige Zeugnisse lesen können. Wenn wir etwas hinter ihnen suchen müssen, was sie selbst nicht sagen, dann sagen sie nicht die Wahrheit. In diesem Sinne möchte ich hier auch eine Lesart versuchen, sozusagen als Test, von einer der Anfangsgeschichten in diesen drei Evangelien: die Versuchung in der Wüste. Sie erzählen davon auf verschiedene Weise und geben eine andere Version.

Man muss nicht eine Wahrheit hinter diesen Texten suchen, um dennoch eine etwas andere Wahrheit in ihnen zu finden. Wenn man annimmt, dass sie - in welcher Reihenfolge auch immer - ihre Vorgänger kannten, bevor sie ihre eigene Version gaben, dann sieht man von sehr nahe, wie sie im Schreiben ihrer Version verfahren sind. Man sieht dann auch, zu welchem Zweck, mit welcher unterschiedlichen Betonung der Botschaft sie dies getan haben. Dadurch gewinnen sie sowohl für sich als auch kollektiv an Aussagekraft. Auch das möchte ich am Beispiel der Versuchung in der Wüste deutlich machen.

Die Versuchung in der Wüste

Wir könnten noch viele weitere Beispiele von Erzählungen anführen, in denen sich die synoptischen Evangelien ähneln und unterscheiden. Mit der Taufe durch Johannes den Täufer und der Versuchung in der Wüste - anders als in den Geburtserzählungen - beginnt die historische Erzählung des Evangeliums. Nach der Taufe durch Johannes den Täufer wird Jesus in der Wüste vom Teufel oder Satan versucht. Wir stellen die Texte aus Matthäus, Lukas und Markus nebeneinander. Ziel ist es, den Lesern zu helfen, selbst zu beurteilen, was sie da lesen. Denn so sehr die verschiedenen Ausleger auch in alle möglichen Richtungen gehen und sich voneinander unterscheiden, so sehr haben auch sie keine anderen Beweise als die Texte der Bibel selbst. Auch der einfache Bibelleser ist also keineswegs inkompetent.

Die Versuchung in der Wüste

Es gibt drei Versuchungen: Sie betreffen (1) die Brotfrage, (2) dann Ehre und Eitelkeit und (3) schließlich die politische Macht. Zumindest ist dies die Reihenfolge bei Matthäus. Dem Leser wird sofort auffallen, dass Lukas die Reihenfolge der zweiten und dritten Versuchung im Vergleich zu Matthäus umgedreht hat. Warum sollte Lukas das getan haben? Aber wenn wir die Frage so stellen, gehen wir schon davon aus, dass Lukas den Matthäus-Text vor sich hatte. Es gibt zwar viele Ähnlichkeiten, aber die Frage ist, woher sie kommen. Es könnte auch sein, dass Lukas und Matthäus einander nicht kannten und aus einer gemeinsamen Quelle schöpften, die verloren gegangen ist. In der Literatur wird diese Quelle als Q bezeichnet, einfach nach dem Wort Quelle. Auffällig ist auch, dass Markus nur berichtet, dass Jesus in Versuchung geführt wurde, aber nicht, worin diese Versuchung konkret bestand. Matthäus und Lukas haben im Übrigen viel mehr Text. Wenn Markus nun das älteste Evangelium ist, liegt der Gedanke nahe, dass Matthäus und Lukas Markus erweitert haben. Zu diesem Zweck haben sie dann aus einer zweiten Quelle, Q, geschöpft, und so kommen wir zu der Zwei-Quellen-Theorie. Für jeden, der eine theologische Ausbildung hat, ist das einleuchtend. Denn dies ist immer noch der vorherrschende Ansatz.

Weniger bekannt ist die Farrer-Hypothese, die davon ausgeht, dass die gesamte Quelle Q nie existiert hat. Sie ist auch nicht notwendig, wenn man davon ausgeht, dass Lukas einfach den Text des Matthäus vor sich hatte. Farrer behauptet jedoch, dass Markus das älteste Evangelium ist. Das tut auch der bereits erwähnte Goulder.

Schließlich ist es Farmer, der die so genannte Zwei-Evangelien-Theorie aufgestellt hat. Der Unterschied zu Farrer besteht darin, dass Markus laut Farmer und seinen Anhängern sein Evangelium zeitlich nach und genau auf der Grundlage der beiden anderen Evangelien, Matthäus und Lukas, geschrieben hat. Im Folgenden wird auf die Unterschiede zwischen Matthäus, Lukas und Markus in Bezug auf die Versuchungen in der Wüste eingegangen, um das hier Gesagte zu konkretisieren.

Matthäus

Nach der Taufe im Jordan kommt die Versuchung in der Wüste. Und nach der Versuchung in der Wüste folgt die Verkündigung Jesu in Nazareth. Das gilt übrigens für alle drei Evangelien. Der Text bei Matthäus folgt der Erzählung von den Versuchungen im Buch Exodus. Dort wird Israel geprüft und Israel prüft Gott.

Nach dem Auszug aus Ägypten ist das erste Problem, mit dem Israel konfrontiert wird, die Brotfrage. In Exodus 16 beklagt sich Israel: ‚„Hätte der Herr uns doch in Ägypten sterben lassen“ - so sagten sie zu Mose und Aaron. „Dort waren wenigstens die Fleischtöpfe gefüllt und wir hatten genug Brot zu essen. Ihr habt uns nur in die Wüste gebracht, um uns hier verhungern zu lassen.‘“ Der Herr kommt Israel entgegen: Israel empfängt Brot vom Himmel, das Manna. Jesus hingegen gibt der Versuchung nicht nach. Er antwortet mit einem Bibelwort: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus dem Mund Gottes kommt (Deuteronomium 8,3).

Die nächste Versuchung betrifft die Versuchung der Eitelkeit, die eine ehrenvolle Stellung mit sich bringt. In Daniel 9,25 wird prophezeit, dass jemand Jerusalem rettet, aber danach getötet wird. Nun versucht der Teufel dasselbe mit Jesus, indem er ihn in Versuchung führt. Als großer Führer wirst du auf Händen getragen werden! Denn die Engel werden dich auf ihren Flügeln tragen: so Psalm 91:4,1. Die Antwort Jesu kommt diesmal aus der Geschichte von der Versuchung Israels bei Massa und Meriba: In dieser Geschichte ist Israel durstig und will nun wissen, ob Gott in seiner Mitte ist oder nicht. Jetzt muss er sich beweisen, indem er Wasser gibt! Die Antwort Jesu stammt aus Deuteronomium 6, 16: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.

Die dritte Versuchung, das Niederknien vor dem Teufel, bezieht sich auf Exodus 32, die Geschichte vom goldenen Kalb. Als Mose auf dem Berg ist, um das Gesetz des Herrn zu empfangen, wird das Volk ungeduldig und fällt in die Verehrung der Götter Ägyptens zurück: eine hierarchische Befehlskette, die durch den Stier symbolisiert wird. Wieder antwortet Jesus mit einem Zitat aus dem Deuteronomium, und zwar aus Deuteronomium 6,13: „Habt Ehrfurcht nur vor dem Herrn, eurem Gott, dient ihm und schwört nur bei seinem Namen.“

Die Quintessenz des Ganzen ist: Wo Israel in der Wüste schwach ist und der Versuchung nachgibt, überwindet Jesus. Deshalb dienen ihm auch die Engel.

Lukas

Wir folgen Goulder in seinem Kommentar zu Lukas 15. Nach Goulder folgt Lukas dem Text des Matthäus, den er vor sich hat. Aber wie so oft ist er anfangs selbst kreativ, passt sich dann aber im Laufe der Zeit immer mehr dem Matthäus-Text an. Goulder nennt dies das Phänomen der Ermüdung.

Jesus wird vom Geist erfüllt in die Wüste geführt: „vom Geist erfüllt“ ist ein typischer Ausdruck des Lukas. Siehe z. B. Lukas 1,15. So ist es auch bei Paulus, dessen Anhänger Lukas ist. Siehe z. B. Epheser 5,18. Neben der Wassertaufe kommt die Taufe mit dem Heiligen Geist. Charakteristisch für Lukas ist auch, dass er eine Geschichte erzählt. Das ist anders als bei Matthäus. Matthäus macht eine schnelle Momentaufnahme einer Szene, in der der Teufel etwas sagt und von Jesu Antwort übertrumpft wird. Lukas erzählt den Verlauf der Ereignisse. Das zieht sich durch die ganze Geschichte, und durch den ganzen Lukas.

Bei der ersten Versuchung hat Lukas in der Antwort Jesu nur die Worte „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“ und lässt die längere Version „sondern von jedem Wort, das aus dem Mund Gottes kommt“ weg. Nach Goulder lässt Lukas jedoch kein Wort von Matthäus ungenutzt. Was er in einem Kontext weglässt, verwendet er in einem anderen trotzdem wieder. Nur gibt Lukas ihm oft nur eine andere Wendung. So geschieht es auch hier, denn in Jesu Predigt in Nazareth taucht dieser Satz wieder auf, der hier fehlt. Und zwar in Lukas 4,22, wo sich die Menschen in Nazareth über die „gütigen Worte, die aus seinem Mund flossen“, wundern.

Lukas kehrt die Reihenfolge der zweiten und dritten Versuchung um. Die dritte Versuchung bei Matthäus kommt bei Lukas an zweiter Stelle. In seiner Version lässt Matthäus Jesus vom Teufel auf einen sehr hohen Berg führen. Lukas lässt diesen sehr hohen Berg weg, weil es ohnehin keinen Berg gibt, von dem aus man alle Reiche sehen kann. Er macht daraus eine Vision, in der man „in einem Augenblick“ die ganze Welt sehen kann. In der Matthäus-Version zeigt der Teufel Jesus alle Reiche (Plural) und „ihre Herrlichkeit“ (wörtlich: „und die Herrlichkeit von ihnen“). Bei Lukas bietet der Teufel alle Macht über „all das“ (die Reiche der Welt) und die Herrlichkeit „von ihnen“ an. „Von ihnen“ steht wörtlich bei Lukas. Dieses „von ihnen“ läuft in seinem Satz nicht reibungslos ab. Goulder legt den Finger darauf, denn diese ungelenke Ausdrucksweise findet ihre Erklärung darin, dass Lukas noch die Formulierung des Matthäus im Kopf hat. Goulder weist häufiger auf solche Phänomene hin, und er sieht dies als Beweis dafür, dass Lukas den matthäischen Text einfach bearbeitet.

Bei der dritten Versuchung (bei Matthäus die zweite) folgt Lukas dem Matthäus genauer, nur verschiedene Ausarbeitungen werden etwas anders wiedergegeben. Goulder legt den Finger auf viele Texte, in denen Lukas auf diese Weise vorgeht. Er nimmt den Matthäus-Text und nimmt am Anfang dieser Erzählung die meisten Änderungen vor, Abkürzungen, Worte, die zu Lukas passen, eigene Akzente, aber im Laufe der Zeit passt er sich mehr und mehr dem Matthäus-Text an. Goulder nennt dies das Phänomen der Ermüdung.

Warum hat Lukas die Reihenfolge umgedreht? Diese Frage ist berechtigt, denn bei Matthäus gibt es eindeutig einen Anlauf zu einem Höhepunkt: Brot - Status/Eitelkeit - politische Macht. Andere Ausleger argumentieren, dass der Tempel hier ein wichtiges Argument ist. Für Lukas wäre der Höhepunkt die Rolle des Tempels. Das Lukasevangelium beginnt im Tempel, mit Zacharias, der über den Besuch des Engels erstaunt ist. Es endet auch mit dem Tempel, denn die Apostel haben Gott in Jerusalem immer im Tempel gepriesen. Und auch in der Apostelgeschichte beginnt die Handlung im Tempel. Außerdem gibt Stephanus in seiner Rede vor der Steinigung einen langen Bericht über die Geschichte Israels, und auch diese Rede endet mit der Einweihung des Tempels durch Salomo (Apostelgeschichte 7). Die Erstarrung von Israel findet im Tempeldienst statt, so wird offenbar unterstellt. Das Argument passt gut zu Rosenstock-Huessys Sicht des Lukasevangeliums: Lukas interpretiert die ursprüngliche Inspiration Israels für die Griechen, die sich der neuen Ekklesia anschließen. Die Erstarrung von Israel im Tempeldienst und der Neuanfang mit dem gerechten Jesus Christus, der wie die anderen Propheten ermordet wurde (Apg 7,51-53), passen gut dazu.

Goulder schenkt diesem Argument nicht viel Glauben. Ihm zufolge hat Lukas mit der Umkehrung eine andere Absicht. Ihm zufolge will Lukas das Bibelzitat „Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen“ als Schlussfolgerung aus den Versuchungen ziehen. Nun, das eine muss das andere nicht ausschließen. Es könnte auch noch sein, dass es Lukas wichtig ist, zu unterstreichen, dass Jesus als „Sohn Gottes“ nicht in die Falle der Eitelkeit tappt. Er darf - wie Rosenstock-Huessy es ausdrückt - den Titel „Sohn Gottes“ tragen, weil er den Weg der Selbstentäußerung geht 16. All diese Argumente mögen bei Lukas eine Rolle gespielt haben.

Goulder, der argumentiert, dass Matthäus das Original ist und dass Lukas seinen Text verwendet und bearbeitet, bemerkt auch, dass Matthäus bei der Abfolge der Erzählung des Exodus am treuesten ist: erst die Brotfrage, dann Status/Eitelkeit, dann politische Macht.

Im Griechischen hat Matthäus in den Worten „Betet den Herrn, euren Gott, an, betet nur ihn an“ (Matthäus 4,10) zwei kleine Änderungen vorgenommen, die in der Septuaginta so nicht vorkommen, so Goulder. Lukas hat die gleichen zwei kleinen Änderungen vorgenommen. Er hat also nicht den Originaltext der Septuaginta verwendet, sondern möglicherweise die Änderungen des Matthäus übernommen. - Aber jemand, der die Zwei-Quellen-Theorie (Q) verteidigt, wird wahrscheinlich sagen, dass diese Quelle diese Änderungen bereits vorgenommen hatte.

Die Bibelzitate, die den Teufel widerlegen, beziehen sich auf Deuteronomium, aber die Ereignisse in der Reihenfolge des Matthäus beziehen sich auf den Exodus in chronologischer Reihenfolge: Brot, Massa und Meriba, das goldene Kalb.

In der Erzählung geht es darum, dass Jesus die Prüfung besteht, bei der Israel versagt hat. Vor allem bei Matthäus passt das gut in seine Erzählung, denn in seiner Erzählung bringt Jesus die Geschichte Israels zur Vollendung. Bei Matthäus muss Jesus nach Ägypten fliehen, überlebt den Kindermord, wie er auch in Ägypten geschah, und muss schließlich zurückkehren, als die Leute, die ihn töten wollten, nicht mehr am Leben sind. Matthäus verwendet die Worte: „Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen“ (Matthäus 2,15). Es handelt sich um ein Zitat aus Hosea 11,1, das in der Septuaginta-Übersetzung im Plural steht: „Aus Ägypten habe ich meine Kinder gerufen“. Matthäus folgt der Übersetzung der Septuaginta, schreibt aber wieder im Singular, wie ursprünglich in Hosea 11,1.

Markus

Markus hat den kürzesten Text. Das ist an sich ein gefundenes Fressen für die Anhänger der Zwei-Quellen-Theorie. Markus ist dann eine der beiden Quellen, und darüber hinaus haben Matthäus und Lukas beide aus einer zweiten Quelle, Q, geschöpft, und das ist dann die Quelle, in der die Versuchung in der Wüste breiter ausgedrückt wird. Das ist an sich ein schöner Gedanke. Aber so einfach ist es nicht. Denn Markus mag das kürzeste Evangelium sein, oft sind seine Geschichten die längsten. Sie enthalten viele Bilder und Ausschweifungen. Es gibt Grund, in dieser Hinsicht an Petrus zu denken, dessen Sekretär Markus der Überlieferung nach war. Markus hat seine Evangeliengeschichten aus dem Munde des Petrus aufgezeichnet, auch das ist überliefert. Das Markusevangelium an sich würde sich am besten für eine Verfilmung eignen. Es hat Tempo und ist voller Ereignisse. Es hat Farbe.

Die Schwierigkeit bei der ganzen Debatte über die synoptische Frage ist die Umkehrbarkeit: Ist Markus der erste und haben Matthäus und Lukas seinen etwas ungeschliffenen und kurzen Text verfeinert und ergänzt? Diejenigen, die dies glauben, sehen dies überall bei Matthäus und Lukas der Fall. Es könnte aber auch umgekehrt sein, dass Markus den Text von Matthäus und Lukas nahm und eine Version davon erstellte, die (1) die scharfen Kanten der Widersprüche zwischen Matthäus und Lukas wegschärfte, (2) die anregende ungeschliffene Stimme des Petrus in seinem Evangelium durchscheinen ließ und (3) das Evangelium für die kritische Situation in Rom nach dem Martyrium von Petrus und Paulus geeignet machte und an die Alltagssprache des Zielpublikums anpasste.

Im Text über die Versuchung fallen in Bezug auf die ungeschliffene Sprache drei Dinge auf. Erstens: „Der Geist trieb ihn in die Wüste“. Das griechische Wort für „trieb“ ist ekballei, was so viel bedeutet wie „hinauswerfen“. Das ist nicht nur suggestiv, sondern auch sehr eindringlich formuliert. Außerdem spricht Markus von Satan und nicht von Teufel oder Versucher. Schließlich befindet sich Jesus in der Wüste unter den wilden Tieren und wird von Engeln bedient. Wenn Markus das Original ist, haben Matthäus und Lukas diese wilden Tiere nicht übernommen. Wenn Matthäus und Lukas das Original sind, hat Markus die Engel von Matthäus und Lukas übernommen und die wilden Tiere hinzugefügt. Dies ist eine Anspielung auf das Buch Daniel, wo Daniel ebenfalls von wilden Tieren in der Löwengrube umgeben ist (Daniel 6:2-9). Auch bei Daniel ist dies eine Kritik an der Bestialität der stumpfen Gewalt, in deren Mitte der Menschensohn erscheint.

Man kann all dies als zufällige Merkmale von Markus ansehen, aber man kann es auch in eine umfassendere Interpretation der Absicht des Markusevangeliums einordnen. Markus lässt das ganze theologische Getue von Matthäus und Lukas weg und stellt eine radikale Sohnschaft Christi in den Mittelpunkt, verbunden mit einer radikalen Nachfolge 17. Markus beginnt sein Evangelium mit dem Wort „arche“ - „Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes“. Das griechische Wort „arche“ bedeutet nicht nur Anfang, sondern auch Herrschaft. Und der Sohn Gottes ist auch die Alternative zu den römischen Kaisern als Sohn Gottes. Immer wieder verstehen die Jünger bei Markus nicht, was Jesus meint - viel stärker als in den anderen Evangelien. Und am Ende fällt der Groschen: Jesus meint das Martyrium! Mit anderen Worten: Markus wurde für die Situation des Martyriums in Rom geschrieben, wo wenig Zeit für schöne Worte blieb, wo die Gegensätze zwischen jüdisch und heidnisch orientierten Christen angesichts dieser Krise überwunden werden sollten, um gemeinsam standzuhalten, wo es notwendig war, das Evangelium in der Sprache der einfachen Leute zu interpretieren, und wo mit dem Martyrium auch die „wilden Tiere“ bedrohlich präsent waren (die Arena!). - So kann auch Markus gelesen werden.

Fazit

Ich habe kurz angedeutet, worin der spezifische Ansatz von Rosenstock-Huessy zu den Evangelien besteht und warum er für ihn so wichtig ist. Man kann freilich nicht sagen, dass sein Ansatz die neutestamentliche Wissenschaft seiner Zeit beeinflusst hätte. In der Literatur habe ich bisher nur zwei Hinweise auf Rosenstock-Huessy gefunden. Er stellt die Dominanz der Zwei-Quellen-Theorie in Frage, indem er argumentiert, dass die Evangelien (zumindest die ersten drei) vor dem Jahr 70 geschrieben wurden und dass jedes dieser vier Evangelien einen der vier Kulturströme der Antike durchbricht und ihn für die anderen Kulturformen öffnet. Das Kreuz Christi ist die Bruchstelle. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam es unabhängig von Rosenstock-Huessy zu einer erneuten Debatte über die Zusammenhänge und Unterschiede zwischen den Evangelien. Es ist keine ausgemachte Sache, dass der Ansatz von Rosenstock-Huessy dadurch mehr Gehör gefunden hat. Aber das Gespräch über die Ursprünge und die gegenseitige Beeinflussung der Evangelien, auch in dem, was wir oben von ihnen dargestellt haben, bietet dafür mehr Möglichkeiten. Ich hoffe, dass ich dies in einem späteren Beitrag weiter erkunden kann.

Referenzen

Otto Kroesen

aus dem Mitgliederbrief 2025-05 Dieser Text in niederländischer Sprache

  1. Rosenstock-Huessy, E. Die Frucht der Lippen in Die Sprache des Menschengeschlechts II, „Er schuf den Menschen, der in jeder Handlung über diese Handlung in beachtlicher Weise hinausgeht.“ p. 801, „Die Not unserer Zeit erfordert die Wiedergewinnung des Wellenkontinuums des Geistes. Auch wir müssen sprechen. Und wir können nicht sprechen wenn wir nicht dessen gewiss sind, dass wir im Kontinuum des Sprechens stehen. Die Sprache hat das mit der Liebe gemeinsam, dass beide vom einzelnen einmal zum ersten Male entdeckt werden müssen und dass sie trotzdem universal sind“, p. 804 und „Keiner der Sprachströme des Menschen des Altertums strömt unmittelbar in uns weiter“, p. 805. 

  2. Rosenstock-Huessy, E. 1923 [1963]. Angewandte Seelenkunde, in Die Sprache des Menschengeschlecht, Bd. I, Verlag Lambert Schneider, Heidelberg. Im Kreuz Christi wird die trotzige Selbstbestätigung die charakteristisch ist für das Altertum überwunden: „Der Heros, der am Gebot der Götter zu trotzigem göttergleichem, neinsagendem Selbstbewusstsein erwacht, Prometheus, der ein Nein dem Gebot der Olympier entgegenstellt, beginnt in seiner Antwort auf die Botschaft der Götter auf seiner Bühne zwischen Gott und Welt, zwischen Lyrik und Epos die menschliche Seelensprache der reinen Gegenwart zu sprechen, die mit dem Trotz anhebt und in der Vollendung des antiken Dramas, in Drama des Kreuzes, im Gehorsam ausklingen wird. Denn das Nein des Trotzes ist der Versuch des Selbstbewusstseins, statt „Du“ gottgleich zu sein, ist nur aus Schwäche noch Nein. Und nur die Schwäche des angerufenen Menschen, sein Trotz, macht die Tragödie aus.“, p. 763. 

  3. Levinas, E. 1974. Autrement qu’être, Nijhoff , Den Haag, p. 151 “Le Moi n’ést pas un étant ‘capable’ d’expier pour les autres: il est cette expiation originelle – involontaire – car antérieure à l’initiative de la volonté (antérieure à l’origine), comme si l’unité et l’unicité du Moi étaient déjà la prise sur soi de la gravité de l’autre. Dans ce sens le Soi est bonté ou sous l’exigence d’un abandon de tout avoir, de tout á soi et de tout pour soi, jusqu’á la substitution.” –  “Das Selbst ist kein Wesen, das „fähig“ ist, für andere zu sühnen: Es ist diese ursprüngliche Sühne – unfreiwillig –, weil sie vor der Initiative des Willens (vor dem Ursprung) stattfindet, als ob die Einheit und Einzigartigkeit des Selbst bereits darin bestünde, das Gewicht des anderen auf sich zu nehmen. In diesem Sinne ist das Selbst Güte, oder steht unter der Voraussetzung von ein Aufgeben allen Habens, von allem an sich und allem für sich, bis hin zur Stellvertretung”. 

  4. Mehrfach referiert Rosenstock-Huessy an das Buch von Coulanges: Coulanges, de N.D.F., 2001. The Ancient City: A Study on the Religion, Laws, and Institutions of Greece and Rome, Batoche Books Kitchener 2001 (Orig. 1864). Das ganze Buch ist darauf gerichtet einsichtig zu machen wie die religiöse Ordnung des Stammes und die religiöse Ordnung des Reiches in den griechische Städten einen Kompromiss miteinander angingen: Stammesreligion und Reichskultur. 

  5. “Matthew, who had himself experienced the violence of a certain command, “Follow me!” took the imperative as his guide. Mark who wrote for and with the prince of the apostles, who wrote the Lord’s law journal, pursued the most “lyrical” motif, that of fellowship.” Rosenstock-Huessy, E., 2021. The Fruit of our Lips – The transformation of God’s Word into the speech of mankind, Ed. Raymond Huessy, Wipf & Stock, Oregon, p. 114. 

  6. „In der Grammatik der Seele steht zuerst mein angerufenes Mich, also der, den jemand Dich oder Du anredet; und mein Ich steht an zweiter Stelle. Jedermann kann vom Geist angesprochen werden, aber nur dadurch, dass er hört, nicht dadurch, dass er spricht, geschweige denn denkt. Vielmehr uns bestimmt der Geist; indem er uns überwältigt und inspiriert, beginnen wir zu singen, zu tanzen, zu antworten.“ Rosenstock-Huessy, E 1964. Die Sprache des Menschengeschlecht, Bd. II, Verlag Lambert Schneider, Heidelberg, p. 537. 

  7. Goulder, auf dem ich gerne noch zurück komme, sieht einen Unterschied zwischen Matthäus und Lukas wie, in die Sprache von Rosenstock-Huessy, Imperativ und Konjunktiv. Matthäus steht für die Imperativ der sich realisiert in diese neue Gemeinschaft der Ecclesia, wo Lukas als Konjunktiv eine Gemeinschaft beschreibt der noch auf der Suche ist, d. h. auf dem Wege, zur Wahrheit und Einheitlichkeit. Für Matthäus ist das Königreich schon angebrochen in der Ecclesia. Für Paulus ist das zu radikal und zu geschlossen. Und Lukas folgt darin Paulus: “At heart Luke was with Paul, his old hero. So he wants to put the coming of the kingdom in the future; and when he reaches the scene where Jesus rides into Jerusalem, and the people shout, ‘Blessed is the king who comes in the name of the Lord!’ (Luke 19.38), he issues a warning — ‘he proceeded to tell a parable, because he was near to Jerusalem, and because they supposed that the kingdom of God was to appear immediately (19.11). The parable is a form of Matthew’s Talents, only in Luke’s version the rich man is a nobleman who went into a far country to receive a kingdom and then return. The nobleman is a figure for Jesus, who has gone to a far country, that is heaven; and it is there, not in this world with people shouting Hosanna, that Jesus receives his kingdom. The idea that Jesus’ kingdom was inaugurated in this life, even on Palm Sunday, was a mistake.” In Goulder, M. 1994., St. Paul versus St. Peter, A Tale of Two Missions, Westminster John Knox Press Louisville, Kentucky, p. 44. 

  8. Goulder, M.D., 1989. Luke: A New Paradigm, Part II, Sheffield Academic Press, p.598. 

  9. Robinson, A.T., 1976. Redating the New Testament, SCM Press LTD, pp. 13-30. 

  10. Farrer, A., 1954. St. Matthew and St. Mark, Dacre Press Westminster. 

  11. Farmer, W.R., 1964. The Synoptic Problem – a critical review of the problem of the literary relationships between Matthew, Mark, and Luke”, McMillan, New York. 

  12. The Interrelations of the Gospels: A Symposium Led by M.-E. Boismard, W. R. Farmer, F. Neirynck, Jerusalem 1984, ed. David L. Dungan, BETL 95 (Leuven: Leuven University Press; Peeters, 1990. In den einführenden Bemerkungen seines Beitrags schreibt Farmer, mit falsche Buchstabierung des Namens Rosenstock-Huessy: “In 1965 in Göttingen a small-scale conference was held for the purpose of discussing the importance of Griesbach’s solution to the Synoptic Problem. Out of this conference, which included Eugene Roesenstock-Hussey and Hans Conzelmann, came the idea for a large-scale international conference on Gospel studies”, in Orchard, B., Longstaff, T. R.W., 1976. J.J. Griesbach: synoptic and text - critical studies 1776-1976, Cambridge University press, Cambridge, London, New York, Melbourne, p. 1. 

  13. Farmer W.R., 1994. The Gospel of Jesus; The Pastoral Relevance of the Synoptic Problem, Wipf & Stock. 

  14. “If the tomb of Jesus is not the womb of the Christian era, we had better forget his whole story as a fairytale.” The Fruit of Our Lips, p. 198, und “The Gospel of John was stripped of its source character and relegated somewhere to the second century from which distance it could not be a much testimony on the facts. Thus St. John became “legend,” while the three synoptic Gospels were made one by reducing them to a written source. Consequently they could not be called unified, as they could not be better than their “source.”” Ibid. 201. 

  15. Goulder, M., Luke: A New Paradigm, 2 vols., JSNTSup 20 (Sheffield: JSOT Press, 1989. 

  16. Rosenstock-Huessy in The Fruit of Our Lips: “How could he convince them that the delicate line between mortal men and the Creator of Heaven and Earth was not destroyed by the new belief in God’s Son Incarnate? It could only be done in the manner in which Paul did it in his preaching. First, man must allow God to speak his “NO” by his willingness to suffer. Only after God, as a burning fire, has taken from man, as mortal man, all the dross and the transient attributes can the complete affirmation, the unconditional surrender to “Yes” be admitted.” p. 232. 

  17. So Dungan: “The center of gravity in Mark (as compared with Matthew and Luke) has shifted to the power of the Lord Jesus, playing down somewhat his teaching activity – a feature also visible in 1 Peter. (….) One of the most characteristic signs of this shift is the way Mark always elaborates and heightens the miracle healing/exorcism stories, so that Jesus’ supernatural power over Satan explodes onto the scene practically in the first act and punctuates the narrative from there onto the end. And, quite naturally, this has necessitated a sharp reduction in scope and content of the temptation story in Mark.” Dungan, D.L., The purpose and provenance of the gospel of Mark according to the two gospel (Owen-Griesbach) hypothesis, in The Interrelations of the Gospels: A Symposium Led by M.-E. Boismard, W. R. Farmer, F. Neirynck, Jerusalem 1984, ed. David L. Dungan, BETL 95, Leuven University Press; Peeters, 1990, p. 436.