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Mitgliederbrief 2022-07

Eugen Rosenstock-Huessy Gesellschaft e.V.

„… aber es wird keinen Platz in Europa geben, der gegen Hitler gehalten werden kann, außer durch die ständige Wachsamkeit und den Machtwillen der USA.”
„Die Amerikaner sind so lange als bloße Beobachter und Zuhörer behandelt worden, dass ihnen der Gedanke an eine atlantische Revolution noch ziemlich unklar erscheint. Sie haben sich immer als außerhalb des Rings des Schicksals betrachtet. Sowohl die Isolationisten als auch die Weltbürger diskutierten bei ihren „Foreign Affairs”-Mittagessen darüber, was man mit diesen widerspenstigen Völkern anderswo tun könnte, sollte oder würde. Aber es schien immer eine Frage des freien Willens, der freien Wahl, der Präferenz und der Vorliebe zu sein. In dem Begriff „Atlantische Revolution” versuche ich die Vorstellung zu verdichten, dass die Weltrevolution eine überlegene Kraft ist. Das letzte Jahrhundert kannte nur wenige Kräfte, die der individuellen Freiheit überlegen waren.”

„Die grenzenlose Hoffnung, dass der Mensch weder ein Klassen- noch ein Rassenprodukt ist, dass er nicht der Sklave seiner Umwelt ist, sondern Tag für Tag eine neue schafft, hat die Millionen von Einwanderern an diese Gestade geführt. Dies ist der Kern unseres Glaubensbekenntnisses, und es ist ein unverzichtbarer Grundsatz im Glaubensbekenntnis der gesamten Menschheit. In diesem Sinne verteidigen wir tatsächlich die Freiheit der Menschheit.” Eugen Rosenstock-Huessy, „The Atlantic Revolution”, 1940

Vorstand/board/bestuur: Dr. Jürgen Müller (Vorsitzender);
Thomas Dreessen; Sven Bergmann; Dr. Otto Kroesen
Antwortadresse: Jürgen Müller, Vermeerstraat 17, 5691 ED Son, Niederlande,
Tel: 0(031) 499 32 40 59

Brief an die Mitglieder April 2022

Inhalt

  1. Einladung zur Jahrestagung und Mitgliederversammlung - Jürgen Müller
  2. Stamm und Gesellschaft - Otto Kroesen
  3. World Revolution –- oder: Wie wird die Einheit des Menschengeschlechts - Thomas Dreessen
  4. Wo wurde „Der unbezahlbare Mensch“ geprägt? - Sven Bergmann
  5. Neuedition „Der unbezahlbare Mensch” - Thomas Dreessen
  6. Im „Schein“ von Preußens Gloria - Sven Bergmann
  7. Zwei Seiten der Apokalypse - Sven Bergmann
  8. Tagungsort und Anmeldung - Thomas Dreessen
  9. Tagesordnung der Mitgliederversammlung - Jürgen Müller
  10. Programm der Jahrestagung - Jürgen Müller
  11. Adressenänderungen - Thomas Dreessen
  12. Hinweis zum Postversand - Thomas Dreessen


1. Einladung zur Jahrestagung und Mitgliederversammlung

Liebe Mitglieder, liebe Freunde,

Unser diesjähriges Thema der Jahrestagung: „Seit ein Gespräch wir sind!” befasst sich mit der Antwort Rosenstock-Huessys auf den Ausbruch des Krieges in Europa. 1933 hatte Rosenstock-Huessy Deutschland verlassen und war in Amerika eingewandert. 1940 schrieb er The Atlantic Revolution und versuchte den Amerikanern deutlich zu machen, daß es nicht in ihrer Hand liege, sich aus Europa herauszuhalten. Der Fortgang der Geschichte zwinge Amerika. Können wir aus der damaligen Kostellation Lehren für die Gegenwart ziehen? Lassen sich die beiden Situationen vergleichen?

Die Jahrestagung findet vom 30. September - 2. Oktober 2022 im Haus Wiesengrund, Nümbrecht statt. Ich lade Sie zur Jahrestagung und zur Mitgliederversammlung (am 1. Oktober 2022) herzlich ein.

Jürgen Müller

2. Stamm und Gesellschaft

In der Zeit des Klassenkampfes, im 19. Jahrhundert, standen sich Arbeit und Kapital, Vermögensbesitzer und Arbeiterklasse gegenüber. Mit der Eroberung der Staatsmacht könnte diese Ungleichheit beseitigt werden, so wurde gedacht. Aber wir leben in einer anderen Zeit mit einem anderen Gegensatz: dem zwischen Stamm und Gesellschaft, zwischen geschlossenen Wir-Gruppen und einer offenen Gesellschaft. Ein Stamm oder eine Kaste produziert Feindbilder und mythische Geschichten, Fakten spielen keine Rolle. Es gibt ein tragisches Lebensgefühl, denn man hat immer das Gefühl, Ungerechtigkeit zu erleiden, und alle Kämpfe mit anderen sind nur unausweichliche Selbstverteidigung. Wir mögen gedacht haben, dass Hitler, Mussolini und Franco einmalige Phänomene waren, die wir hinter uns gelassen haben. Was aber, wenn das Zeitalter der Stämme und der damit verbundene Faschismus erst noch vor uns liegt?

Überholte Interpretationen

Unsere Interpretationen bleiben immer hinter der Realität zurück. Wir neigen dazu, eine neue Situation mit alten Schemata zu interpretieren. Bei einem neuen Problem probieren wir daher immer zuerst die Lösungen aus, die noch zum vorherigen Problem gehören. Rosenstock-Huessy weist bei vielen Gelegenheiten auf diese Tatsache hin. Das 19. Jahrhundert war ein Jahrhundert der Klassenkämpfe. Folglich wurde das 20. Jahrhundert immer noch mit diesen Begriffen interpretiert, und das neue Problem konnte nicht wirklich erkannt werden. Das neue Problem, das sich eigentlich schon im 19. Jahrhundert ankündigte, war die Stammesideologie, der Faschismus. Dies wurde jedoch nicht als eigenständiges Problem gesehen, sondern auf die wirtschaftlichen Beziehungen reduziert, auf Klassengegensätze. Die Interessen des Kleinbürgertums zum Beispiel wurden als geschädigt angesehen, was dem Faschismus seine Anhängerschaft verschaffte. Dies hatte mit dem Kleinbürgertum als bedrohter Klasse zu tun. So wurde der Faschismus zu einem Klassenproblem. Das Naziregime wurde als einmalige Eruption betrachtet, ebenso wie der Faschismus in Italien und Spanien. So etwas würde nie wieder passieren (dürfen).

Stamm und Zugehörigkeit

Rosenstock-Huessy weist immer wieder darauf hin, dass der Faschismus den Übergang zu einer neuen Epoche und einer neuen Problemlandschaft markiert. Das Problem besteht nicht mehr in erster Linie darin, dass eine Klasse von Besitzenden durch bewusster Planung die Kräfte der Massen ebenso wie andere Naturgewalten ausbeutet und ausnutzt. Das erste Problem ist nun das Bedürfnis, zu etwas Größerem zu gehören, im Gegensatz zur Fähigkeit, allein zu stehen. Die älteste Schicht der menschlichen Gesellschaft, der Stamm, gewinnt durch den Verlust der Zugehörigkeit innerhalb und außerhalb der Arbeit wieder an Aktualität. Wir können dies in Begriffen des Kreuzes der Wirklichkeit ausdrücken: Es ist nicht mehr die räumliche Opposition von Ich-Es oder Subjekt-Objekt, die die vorherrschende Opposition ist, sondern in unserer Zeit ist es die Opposition Wir-Du, die Vergangenheit der Gruppe und der außergewöhnliche Weg des Individuums. Wir werden zu Individuen, indem wir angesprochen werden und unsere eigene, einzigartige Antwort geben. Wir flüchten uns jedoch in Mythen und kollektive Bilder, weil wir nicht stark genug sind, die ausgetretenen Pfade zu verlassen. Wir können nicht ohne die Unterstützung der Gruppe auskommen.

Entwurzelung

Tatsächlich können wir schlussfolgern, dass die Opposition des neunzehnten Jahrhunderts von Ich-Es automatisch zu der Opposition des zwanzigsten Jahrhunderts von Wir-Du führt. Auch dies zeigt Rosenstock-Huessy in seinem Werk. Die kapitalistische Großproduktion führt dazu, dass wir nicht mehr Teil eines Hauses im eigentlichen Sinne sind. Die Hausproduktion, bei der die Produktion in der Landwirtschaft und im Handwerk in erkennbaren Gruppen stattfand, die zusammenlebten und zusammenarbeiteten, war im 19. Jahrhundert im wesentlichen vorbei. Und das 20. Jahrhundert hat diesen Prozess nur verstärkt und globalisiert. Das ist jetzt überall auf der Welt so. Das führt zu Entwurzelung und Heimatlosigkeit. Wir sind nicht mehr Teil einer größeren Geschichte. Die Arbeit in großen Zusammenhängen reduziert die Kontrolle und die Verantwortung und damit auch das Verantwortungsgefühl. Infolgedessen denken entwurzelte Konsumenten nur noch an das Alltägliche. Die einzige Ablenkung, die es mir erlaubt, sozusagen noch ein bisschen ich selbst zu sein, ist das Erleben von großen Sensationen. In meiner Vorstellung scheine ich doch dazuzugehören. Die Gruppenphantasie hilft mir, eine Heimat zu schaffen, die ich am Arbeitsplatz nicht mehr habe. Denn dort gebe ich meine Identität buchstäblich und im übertragenen Sinne an die Maschine ab. Kurz gesagt, Menschen, die in einer zu kleinen Perspektive leben, sind anfällig für mythische Geschichten, die ein Wir-Gefühl erzeugen.

Du!

Was vermieden wird, ist die außergewöhnliche und schwierige Position, die Du als Ausnahme einnimmst. Du, die/der Du Dich von der Not und dem Elend unserer Zeit ansprechen lässt, wirst dadurch aufgefordert, Du selbst zu werden. Um diesem Ruf zu folgen, suchst Du Menschen, die ebenfalls aktiv werden wollen. Und die Vergangenheit, aus der man dann schöpft, ist nicht mehr eine mythische Größe, in der man aufgeht, eine künstliche Heimat, sondern ein gemeinsamer Vorrat an Erfahrungen und Qualitäten, aus dem man je nach Ort und Umständen in der Interaktion mit anderen schöpfen kann, in Interaktion mit anderen, die sich angesprochen wissen. Von der Zukunft berührt, findest Du im Austausch mit Mitreisenden und Zeitgenossen Inspirationsquellen in der Vergangenheit. So kommt es zu einer gesunden Gruppenbildung, die jedoch nicht einfach ist. Denn sie ist mit viel Unsicherheit verbunden. Es gibt keine einfachen und ausgetretenen Pfade, um neue Probleme zu lösen. Der einfache Ausweg ist immer, einen mythischen Unterschlupf zu suchen, anstatt ein lebendiges Haus. Rosenstock-Huessy strebte eine Wiederbelebung des Hauses in der Arbeitsgemeinschaft an. In das Buch Werkstattaussiedlung schlägt er vor, die Werkstätten zu privatisieren und ihnen mehr Verantwortung und Befugnisse zu übertragen. Kleine Teams und Arbeitsgruppen greifen auf erworbene Eigenschaften aus der Vergangenheit zurück und werden so dem Verlangen nach Zusammengehörigkeit gerecht. Rosenstock-Huessy nennt diese erworbenen Eigenschaften “Sprechweisen”. Zugleich antworten sie aber auch auf den Ruf der Zukunft. Sie werden von dem Imperativ berührt, der sie dazu drängt, den Weg zum Frieden zu ebnen und eine Katastrophe abzuwenden. In diesem Spannungsfeld nehmen sie Gestalt an, auch körperlich. Der Unterschied zum vorchristlichen Stamm ist genau dieses Spannungsfeld. Es fehlt im kollektiven Mythos der Populisten. Die Populisten wollen die Wiederbelebung des Stammes im politischen Bereich, aber der postchristliche Stamm muss im wirtschaftlichen Bereich zurückkehren. In der Politik wird er genauso zerstörerisch und gewalttätig wie die alten Stämme es oft waren.

Unabwendbarkeit und Ewigkeit

Diese Gedanken wurden für mich durch die Lektüre von Timothy Snyders Buch Der Weg zur Unfreiheit noch aktueller. Das Buch ist auf jeden Fall empfehlenswert, weil es den Ukraine-Krieg in eine viel breitere historische Perspektive stellt. Er macht einen wichtigen Unterschied zwischen dem Glauben an die Unvermeidlichkeit und dem Glauben an die Ewigkeit. Nach dem Fall der Mauer und mit dem Aufkommen des Neoliberalismus wurde im Westen der Glaube an die Unvermeidbarkeit vorherrschend: Lasst den Markt seine Arbeit tun, und alle profitieren davon (nun ja, die meisten). Das führt zwar zu zunehmender Ungleichheit und Ausbeutung von Ressourcen, aber das lässt sich im Sinne eines maximalen Gemeinwohls nicht ändern: There is no alternative (TINA, es gibt keine Alternative). Im freien Spiel der gesellschaftlichen Kräfte folgt jeder dem Trend, weil es kurzfristig am einfachsten und vorteilhaftesten ist. Verantwortungsvolles Handeln bedeutet oft, gegen den Strom zu schwimmen. Wir ordnen uns also dem, was Rosenstock-Huessy in The Atlantic Revolution den Konjunkturzyklus, the business cycle, nennt, unter. Dies macht uns zu kleinen Menschen und grauen Mäusen, die in ihrem Privatleben noch ihre eigene Meinung pflegen dürfen. In sozialen Einrichtungen und Unternehmen muss man vor allem mitmachen. Das ist der Glaube an die Unvermeidbarkeit. Snyders dazu: “Das Leben wird zu einem Schlafwandeln zu einem Grab im Namen eines bereits angekündigten Ortes.” (S. 17 – Niederländische Ausgabe). Deshalb berauben uns diese ägyptischen Fleischtöpfe des Verantwortungsbewusstseins für die Zukunft (das uns aussondert) und entwurzeln uns von den langjährigen Traditionen (denen wir angehörten und die in uns nachhallen), und das wird uns früher oder später zu Fall bringen. Snyder zufolge führt der Glaube an die Unvermeidbarkeit automatisch zum Glauben an die Ewigkeit: Wir stellen uns eine große Geschichte vor, die uns das Gefühl gibt, wir zu sein. Wir haben immer Recht, und uns wird Unrecht getan, aber durch Leiden und Widerstand (möglicherweise nach dem Beispiel Christi, es geht auch ohne) werden wir siegen. So können wir uns der gefährlichen, außergewöhnlichen Verantwortung des Angesprochenen entziehen. Wir gegen sie.

Großrussland, Eurasien

Russland hat diesen Weg nach der Wahlniederlage Putins im Jahr 2012 eingeschlagen. Ideologen wie Dugin (der moderne Interpret des russischen faschistischen Ideologen Iljin), Prochanow, Gumiljow und andere haben Putin geholfen, das russische Volk mit dem Mythos der Idee von Großrussland, dem eurasischen Imperium, zu verzaubern, das eine Alternative zum verderblichen und dekadenten Westen bietet, der versucht, die russische Seele mit Konsumismus und Demokratie zu korrumpieren. Die Oligarchen haben sich darauf eingelassen, weil es schien, dass sie auf diese Weise ihre Verdienste fortsetzen können (business as usual), und die Ukraine ist das erste Opfer.

Die sozialen Probleme sind dem Westen nicht fremd, denn Trump, der durch russische Finanzen (die ihn laut Snyders vor dem Bankrott bewahrt haben) und russische Internet-Trolle, Hacks und Manipulationen während der Wahlen in den Sattel geholfen wurde, gibt in den Vereinigten Staaten dem gleichen Bedürfnis nach mythischem Größenwahn kleiner gefährdeter Menschen Ausdruck. Snyders charakterisiert den Übergang von der Politik der Unvermeidlichkeit zur Politik der Ewigkeit treffend. “Zuerst untergräbt die Politik der Unvermeidlichkeit die bürgerliche Verantwortung und verwandelt sich dann in die Politik der Ewigkeit, sobald sie mit einer ernsthaften Herausforderung konfrontiert wird”, und “Ewigkeitspolitiker verbreiten zuerst selbst Fake News, behaupten dann, dass alle Nachrichten gefälscht sind, und schließlich, dass nur das, was sie selbst zeigen, echt ist” (S. 14). Auch in Russland hat dies eine längere Geschichte: “Breschnew erwies sich als Stalins wichtigster Nachfolger, weil er die sowjetische Einstellung zur Zeit änderte: Er begrub die marxistische Politik der Unvermeidlichkeit und ersetzte sie durch eine sowjetische Politik der Ewigkeit”, und “Die Geschichte der Revolution handelte von der unvermeidlichen Zukunft; die Erinnerung an den Krieg von der ewigen Vergangenheit” (S. 35). Man lese das Buch selbst, denn ich will hier nicht im Detail auf das Buch eingehen, sondern einen Weg nach vorne suchen. Dazu sagt Snyders nicht viel. Rosenstock-Huessy allerdings schon.

Pionierarbeit

Rosenstock-Huessy lenkt die Aufmerksamkeit auf den Pionier, auf das, was er Argonauten nennt, die außergewöhnliche Wege gehen, nicht wissen, wohin sie gelangen, es aber versuchen. Damit propagiert er keine wilden Aktionen, im Gegenteil. Man muss sich den Problemen stellen und sich durch sie verändern lassen. Diejenigen, die sich so engagieren, suchen nach Verbündeten und kommen zu einem reifen Austausch. In diesem Zusammenhang ist es von größter Bedeutung, zwischen einem Kollektiv und einem Team zu unterscheiden. Ein kollektiver Mythos mag ein Wir-Gefühl vermitteln, aber es fehlt der reife Austausch zwischen einzelnen Menschen, die den Problemen und sich gegenseitig ins Gesicht sehen. Die heidnischen Götter sind immer Götter ohne Augen, wie die griechischen Bronzestatuen. Unterschiedliche Menschen, die sich ungeteilt den zukünftigen Herausforderungen stellen, können sich in einem reifen Gespräch gegenseitig korrigieren und ergänzen. Das ist es, was wir ein Team nennen. Sie stützen sich auf die Vergangenheit, die Beispiele, Eigenschaften und Ansichten liefert. Sie nutzen die Vergangenheit nicht zur Selbstbehauptung, sondern als Speicher für den Austausch und das Teilen. Auf diese Weise erneuert sich auch die Vergangenheit, denn in einer neuen Konstellation, konfrontiert mit neuen Erfordernissen, erhält sie auch eine neue Interpretation. Das ist bahnbrechend.

Zahl oder vollzählig

Natürlich kann dies nie in großer Zahl geschehen. Kleine Gruppen übernehmen die Führung, oben und unten, vom Zentrum und von der Peripherie aus, und das auf viele unterschiedliche Weisen. Es scheint, dass man nur eine Zahl war, aber indem man auf den neuen Imperativ antwortet und aus dem Reichtum der Vergangenheit auch unzähliger anderer Menschen schöpft (Die Vollzahl der Zeiten), wird man größer als man ist, und so Vollzählig - die kursive Wörter stammen von Rosenstock-Huessy. Zu Individuen ausgesonderte Einzelne werden Vollzählig.

So begann die Kirche im Römischen Reich, mit einigen hundert Ausnahmen, die durch den Heiligen Geist individualisiert wurden (eine Flamme auf jedem), die aber auch ein neues Parlament (ekklesia) wurden. In vielerlei Hinsicht waren sie eine Gesellschaft innerhalb der Gesellschaft, die die übliche Gleichgültigkeit gegenüber Menschen, die nicht zur selben Familie gehörten, beseitigte. Klöster und Orden trugen die Fackel weiter. Zünfte, Bruderschaften und Städte haben sich von unten gegen Papst und Kaiser organisiert und ihre früheren Wir-Gruppen aus Stamm und Familie zugunsten einer gemeinsamen Verantwortung hinter sich gelassen. Viele häretische Bewegungen, einschließlich des Protestantismus lutherischen und calvinistischen Ursprungs, griffen diese Tradition wieder auf. Die französischen und russischen säkularen Revolutionen konnten nur auf dieser bereits bestehenden Zivilgesellschaft aufbauen. Die Existenz dieser Zivilgesellschaft ist der entscheidende Unterschied zwischen der westlichen Gesellschaft und allen anderen Kulturkreisen auf diesem Planeten, in hohen Masse auch heute noch. Hat die Individualisierung also mit der Kirche begonnen? Es kommt aber darauf an, in welchem Zusammenhang das Wort “Individuum” verwendet wird. In unserer Zeit wählt in der Regel der Verbraucher von der Stange aus dem Fertigregal. Individuell bedeutet aber auch unteilbar, und der Mensch erlangt seine Unteilbarkeit durch die Hingabe an eine höhere Aufgabe, die ihn zwangsläufig dann individualisiert. Diejenigen, die den Weg weisen, werden sozusagen zu Ausnahmen.

Russland ist es nie gelungen, eine Zivilgesellschaft aufzubauen. In China und Indien hat es die Spitze der Gesellschaft trotz der großen Anstrengungen des Taoismus und des Buddhismus immer geschafft, die Basis zu kontrollieren. In Afrika hat die Loyalität gegenüber dem Stamm und später gegenüber dem Staat als Überbau das Entstehen einer Zivilgesellschaft verhindert. Nur im Westen ist die gegenseitige Zusammenarbeit der Bürger zuweilen stärker gewesen als der Staat. Und das Vorbild - auch das muss erwähnt werden - war immer Israel, das Volk von unten, das nicht zählte, sondern von den Rändern aus agierte. Wir stehen in unserer Zeit am selben Scheideweg wie unsere Vorfahren, in einer langen Tradition des Aufbruchs und der Pionierarbeit. Es steht viel auf dem Spiel und es ist kein Spiel. Der Westen und sogar Europa können leicht abrutschen und die große Zahl mythischer Wir-Gruppen der Fülle unsicherer Pioniergruppen vorziehen. Aber auch wenn diese Pionierteams füreinander unsichtbar sind, so sind sie doch zahlreich. Von nun an bekämpfen sich die Stämme (geschlossene Wir-Gruppen) und die Gesellschaft (offene Zusammenarbeit, Gemeinsinn und Teambildung) in Ost und West, Süd und Nord.

Otto Kroesen

3. World Revolution – oder: Wie wird die Einheit des Menschengeschlechts

1. Unsere Lage 2022

Der Ukraine Krieg hat viele verstört aufwachen lassen aus dem Traumland, das unser Frieden und materieller Wohlstand immer sei, wenn man ihn nur wolle? Die Klimaveränderungen stellen unsere Lebensweise in Frage: Wie können nächste Generationen leben? Weltweit werden die Narrative nicht mehr vom Westen allein bestimmt. Was ist wahr? Wem können wir glauben?

2. Die Weltrevolution und ihre Kapitel in Eugen Rosenstock-Huessys Sicht

Der Weltkrieg 1914 bis 1945 war die Weltrevolution. Sie hat offenkundig gemacht, dass wir Menschen und Völker auf einem Planeten leben, die Einheit der Welt naturwissenschaftlich erforscht haben und erforschen, und wirtschaftlich zusammenarbeiten müssen und es schon tun. Rosenstock-Huessy deutet sie als Frucht der christlich geprägten Geschichte Europas. Die große Herausforderung sei, die Ressourcen neu zu verteilen. Diese Herausforderung werden wir nur zustande bringen, wenn wir Völker und Menschen uns gegenseitig anerkennen. Das muß in jeder Generation ausdrücklich geschehen. Rosenstock-Huessy schaute den Völkerbund und die UNO als erste aber noch unzureichende Versuche ein Völkervolk anstelle der Einheit in der Kirche zu bilden.

In seiner Perspektive sind die russische Revolution 1917, der Faschismus in Italien, der Nationalsozialismus in Deutschland und die Atlantische Revolution erste Kapitel dieser Weltrevolution.

3. Die Atlantische Revolution 1940 ff– oder: Die Herausforderung bis heute!

Als eingewanderter Bürger in den USA hat Rosenstock-Huessy nicht weitergesprochen wie er es von 1918 bis 1933 in Deutschland und Europa getan hat. Er hat den Amerikanern zugehört und seine Lehre für ihre Ohren und Herzen neu gesprochen. Das Werk „Out of Revolution - Autobiography of Western Man” 1938 ist doch die Übersetzung seines Werkes „Die Europäischen Revolutionen und der Charakter der Nationen” – im Kriege 1914-18 geboren, 1931 veröffentlicht. Grob skizziert liegt der Unterschied darin, dass das Werk in Europa von der Papstrevolution bis zur Gegenwart Europäern unsere gemeinsame Geschichte erzählt; das Werk in den USA entdeckt, ausgehend von der Gegenwart den Hörern in USA ihre Wurzeln, also die Ereignisse und ihre Deutungen, die ihr Leben und seine Formen maßgeblich bestimmt haben und bestimmen, ob sie es wissen oder nicht.

Im Begriff der Atlantischen Revolution eröffnet er seinen Hörern die Weltrevolution als eine Übermacht, die seit dem Mai 1940 auch ihr Leben bestimmt – ob sie es wollen oder nicht. Schon in seinem Buch „Die Hochzeit des Krieges und der Revolution” 1920 hatte er den Eintritt der USA in den Krieg als Antritt ihrer Weltherrschaft benannt. Jetzt - in der Atlantischen Revolution sind die alten atlantischen Mächte entmachtet durch die USA. Er beschreibt die Lager in USA als Isolationisten einerseits, und Weltbürger andererseits. Die sie beherrschenden Mächte seien der business cycle – den es abzuwerfen gälte für alle atlantischen Völker, und individuelle Furcht, Frustration, Angst, Leiden. Die Herausforderung für die atlantischen Völker sei es die Energien der individuellen Leiden als gemeinsame Leiden zu begreifen. Gemeinsame Leiden seien die einzige Basis für gemeinsame Politik und gemeinsames Leben. Er erinnert die Hörer an Krieg und Bürgerkrieg als Formen der World Revolution in Europa und sieht 1940 den dringenden Bedarf nach einer dritten Form für die Atlantische Revolution als Aufgabe der USA. Dies sei keine ideologische Aufgabe, denn es gehe in der World Revolution um die Neuverteilung der Kräfte und Ressourcen, die seit dem 19. Jahrhundert industriell ausgebeutet werden. Die Atlantische Revolution bestehe also in der wirklichen Anerkennung dieser Herausforderung. Ist das geschehen?

4. Der Glaube Amerikas - und die Grosse Häresie

Rosenstock Huessy sagt: Der Glaube der Amerika hervorgebracht hat war die Öffnung der Grenzen und das Hinausströmen in den unbegrenzten Raum. Dieser Weg vom unbegrenzten ins begrenzte prägt die menschliche Seele (theol.: die Inkarnation). Diesen Glauben habe Präsident Wilson verlassen, als er Europa dazu „verdammte in vorindustriellen Kleidern“ , in souveränen Nationalstaaten wie 1850 zu leben. Dann hätten die Menschen keine Wahl als diese Nationalstaaten zu Bunkern zu wenden.

Was hält er für not-wendig?

  1. Die Notwendigkeit der Neuverteilung von natürlichen Kräften und Ressourcen muß anerkannt werden von den Eliten. Sie müssen auch anerkennen, dass sie nicht zweierlei Maß Glauben, Religionen, Ideologien in ihrem Haus für Amerika und den Rest der Welt haben sollen: Für sich „nicht dazu bestimmt jemals für immer einbalsamiert zu werden in einem Raumteil.“ Den Rest der Welt aber verdammten Wilson und das Völkerbundschema in begrenzten Räumen zu leben, im Nationalstaat von 1850. Diese Great Heresy paralysiert die Bestimmung der New World in Amerika und zwingt alle Völker in „pill boxes“.

  2. Weil Einheit die Frucht von Kontinuität ist, - miteinander sprechen über den Tod hinaus - muß die tief gespaltene US-Gesellschaft sich auf ihre Anfänge besinnen, um die Great Heresy of the NEW WORLD zu überwinden. Dazu erinnert er an das Zentrum des christlichen Glaubens: Wer seine Seele festhalten will, wird sie verlieren. Die Herausforderung heisst: im Zeitalter der World Revolution anzuerkennen ihr Leben neu zu leben auf der Suche nach einer Seele, statt Werte zu sichern. (p10). Das ICH muss den Weg freigeben zum WIR und zum DU, also mental sterben.
  3. Re-Immigration als spirituelle Macht! immunisiert gegen Hitlers Plan der Spaltung in Sektionen, Rassen, Klassen. Re-immigration aber bedeutet eine offene unbekannte Zukunft zu glauben.
  4. Macht ist die Pflicht nach der weiten Zukunft zu schauen. Wenn Eliten das nicht tun, wird die Macht neu verteilt. Werte können nur erhalten werden, wenn die gebildeten Klassen sie zuerst leben.

Rosenstock-Huessy urteilt 1940, dass die US Eliten derzeit „komplett impotent” sind diese Herausforderungen anzunehmen und zu beantworten. Sie haben Amerika zur Nur-Nation gemacht, ins Stocken gebracht und Hollywood beherrscht die Zukunftsbilder der Massen.

Er spricht die Amerikaner auf die Verwandlungsfähigkeit und Verwandlungsbereitschaft als das „Zentrum unseres Glaubens“ und einen „unaufgebbaren Grundsatz im Glauben der Menschheit“, ja „die Freiheit der Menschlichkeit“, an. Dazu empfiehlt er die Erinnerung an 1776 und gemeinsamen Dienst der Generationen an der Erde. Weil die gesamte Gesellschaft von dieser Heresy geprägt ist, spricht er die Mittelschicht an: Bevor Amerikas Menschen diese Heresy nicht überwunden haben durch den Beweis, dass sie als Eltern und Kinder die Kräfte der Natur bewahren können, also ‚ein neues Volk („new people“ 20) da ist – er spricht von 10 Millionen Menschen - mit neuen Ideen – Hoffnungen und Sichten über das Leben, „sind wir nicht reif genug andere Grenzen zu diskutieren.“(20)

Die Erneuerung beginnt also in der Seele eines jeden Menschen. Das ICH muß den Weg freimachen zum WIR und zum DU. Dort muß die Neuverteilung der Macht stattfinden.

5. Die Folgen der großen Häresie – imperialistische Weltpolitik

In seinem Aufsatz Politik der Weltalter hat Rosenstock-Huessy 1920 festgestellt: „Wäre Politik ein Gedankending, eine Vernunftssache, so könnten diese mit Vorliebe bei den Angelsachsen gepflegten mehr oder minder salbungsvollen Ideale einer Rechts- und Verstandespolitik ja einfach an die Einsicht der Menschen mit sicherem Erfolg appellieren. Unglücklicher – oder glücklicher – Weise hat es aber die Politik mit ganz anderen Kräften zu tun, als mit denen des Verstandes. Furcht und Hoffnung, Hass und Liebe, Aussicht auf Gewinn, Scheu vor Verlust, harte Not und frecher Übermut, Verantwortungsgefühl und Leichtsinn sind die Triebe, aus denen alle Politik gespeist wird. Das sind keine Kräfte des Verstandes, es sind nicht im geringsten geistige Angelegenheiten; denen könnte man mit Ideen beikommen. Sondern es sind rein seelische Leidenschaften und Komplexe, die sich in der Politik entladen. Das ist ihr Unterschied von der Rechtsordnung. In der Politik „ist der Teufel los“, weil alle dämonischen Kräfte der Menschen in ihr entbunden werden.“
…. Rechtsparagraphen sind da so wenig zu verachten wie beim Eheschluß, ob sich nun Staaten verbünden oder Parteien vertragen. Aber die Hauptsache ist das Recht nicht; dazu ist es zu blass und blutleer. Die Hauptsache sind die dämonischen Kräfte des Schicksals, die Völker und Staaten im Daseinskampfe durchwittern. Mit keiner idealistischen Politik ist da zu helfen. Es ist eine pharisäische Ader in allen Pazifisten usw.; sie tragen stolz in ihrem Kopf das Bild des Ideals, wo der Löwe und das Lamm zusammenliegen. Vor ihnen rast der Hexenkessel der Politik nur um so hoffnungsloser, je pharisäischer sie ihm ihr Kopfbild entgegenhalten. Ist also die Realität und das Ideal hoffnungslos von einander geschieden? Muss man entweder ein blutleerer, pharisäischer, den Erdkräften entfremdeter Erblicker und Moralist sein oder aber ein zynischer in allen Wassern gewaschener Realpolitiker?“

Diese Analyse liegt meines Erachtens der Kritik Rosenstock-Huessys die er die great heresy nannte zugrunde. Wilson ist eben Akademiker und denkt daher idealistisch zeitlos als Subjekt über seine Gegenstände. Das zeugt imperialistische Weltpolitik – und bedeutet: „es ist nun außerordentlich wichtig, dass wir diese Weltmächte [Moskau und Washington] überreden müssen, sich nicht als Weltmächte, sondern als planetarische Mächte zu betrachten; denn dann haben sie alle miteinander etwas sehr dringendes zu tun, nämlich Frieden zu halten. Wenn sie bloße Weltmächte sind, dann geht natürlich der Weltimperialismus einfach immer weiter. Weltpolitik bedeutet, dass sie wie die wilden Haifische einander die Beute wegschnappen wollen.“

Im Begriff planetarische Mächte schaue ich seine Forderung in Atlantic Revolution an die US Eliten. Aber die Weltalter können nicht zuerst begriffen werden, ehe sie uns nicht ergriffen haben. Das neue Weltalter muß geglaubt werden, es muß unsere Seele prägen. Hier gibt uns Rosenstock-Huessy schon 1920 einen wichtigen Hinweis auf den Weltpolitischen Konflikt unserer Gegenwart: Amerika und Rußland. In Atlantic Revolution ist es der Hinweis auf den von ihm so geschätzten Solowjew:

„Um Politik in Weltaltern zu fordern und zu fördern, muss eine Entscheidung vorhergegangen sein, durch die wir uns aus den Verstrickungen in das blinde Tierreich der Leidenschaften herauslösen. Das neunzehnte Jahrhundert unternimmt tatsächlich einen solchen Versuch. Das vorliegende Heft versucht die auf deutschem Boden in dieser Richtung wirkenden Kräfte sichtbar zu machen. Indessen hat ein solcher Versuch seine grossen Schwierigkeiten. Denn für das abgelaufene Jahrhundert sind es nicht die Deutschen, sondern die Russen, die allen übrigen Völkern mit diesem Kampf um die Erlösung der Politik vorangehen. Sie stehen im Vordergrund.“

Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass Rosenstock-Huessy in seinen Werken „Hochzeit des Krieges und der Revolution”, „Alter der Kirche”, „Die Europäischen Revolutionen”… 1931,1951, „Out of Revolution”, „Des Christen Zukunft” u.ö. uns Zugänge zu den Russen und der Orthodoxie eröffnet, die Prof. Alexander Pigalev auf der Internationalen Eugen Rosenstock-Huessy Konferenz 2005 zu folgenden Worten veranlassten: „Das Hauptthema der russischen religiösen Philosophie ist die Kritik am westlichen Individualismus als Ausdruck eines eigentümlichen anthropologischen Typus. Nach liberalistischer westlicher Auffassung ist Individualismus die nötige Voraussetzung der Marktwirtschaft, denn nur die „atomisierten“ autonomen Individuen als Nachfragende und Anbietende garantieren bei freiem Austausch eine Maximierung des Nutzens aller Subjekte….. Ich glaube, dass der tiefste Denker, der diese Probleme in ähnliche Perspektive verstanden hat, Eugen Rosenstock-Huessy ist.“
Und er schließt seinen Beitrag mit ausdrücklicher Zustimmung zu Zitaten aus „Out of Revolution”, in denen die Polyphonie der Wirtschaft und Organisation der Menschheit von Rosenstock Huessy prophezeit wird. (Out of Revolution, s.718.732)

Eugen Rosenstock-Huessy ein Brückenbauer zwischen Ost und West!
Können wir es hören, dass für ihn Rußland zu Europa gehört seit 1701. Er bezeugte: „Wer waren die meist provozierenden Christen des 19.Jahrhunderts? Es waren doch Leo Tolstoi und Fjodor Dostojewski, der Autor der Brüder Karamasow und des Großinquisitors! Und war es nicht der Russe Solowjew, der 1890 den Antichristen schrieb und heißer noch als Nathan Söderblom, der Erzbischof von Uppsala, von der Wiedervereinigung von Ost und West träumte? War es nicht Berdjajew, der Christ der Ostkirche, der viele Westliche vom neuen Mittelalter überzeugte?“

In seinem Revolutionsbuch Ausgabe nach 1945 bestimmt er das Verhältnis Amerika und Rußland zu uns Europäern wie folgt: „Amerika ist materiell der große beherrschende Faktor der uns bekannten, von uns miterschaffenen Welt. Geistig sind wir auf Amerika vorbereitet. Von Rußland her werden. wir umgeschaffen und revolutioniert, weil dort die Schöpfungsgeschichte des Menschen weitergeht. Wir können uns daher gegen Rußland nicht verschließen, ohne die Weltzeit, wir können Amerika nicht entbehren, ohne den Weltraum zu verlieren. Im Kapitol in Washington sitzt die neue ökumenische Wirtschaftsleitung, in Moskau sitzen die dogmatischen Päpste unseres Lebensheils.“

Sein Schüler und Freund und Herausgeber vieler seiner Werke, Clinton Gardner, schreibt zur Welt-Revolution, die er Planetary Revolution nennt: „The Planetary Revolution toward a global society arises out of the holocausts of Verdun, Manchuria, Buchenwald, and Hiroshima. The Holocaust of Vietnam – a fire which destroyed a million lives – should mark the end of the preliminary and negative phase in this revolution. We who have survived that phase can now see the constructive and positive aspects more clearly. The 1949 Chinese revolution, f.e., today can be recognized as a victory for all mankind in that the last great segment of the human race has experienced that liberation of the human spirit which Russians experienced in 1917, Americans in 1776, French in 1789, English in 1688,and Germans in 1517. … the Chinese and the Russian Revolution have a legitimate place in the Planetary Revolution. They should never again be compared to the counter-revolutions of Fascism and Nazism, as they so often were by their Western antagonists during the Cold War. As we approach the 1980s one hears a revival of that Cold War rhetoric. And one feels great uneasiness that we may yet fail to enter the era of a Planetary Consciousness. That consciousness was described by Teilhard de Chardin as “the spirit of the earth”.”

In unserer Zeit scheint sich zu wiederholen, was Gardner 1980 erfuhr.

Zum Abschluß dieser Hinweise bringe ich noch Hans Ehrenberg zu Wort. Im 2. Band seines Werkes Östliches Christentum stellt er fest: „Wir Abendländer denken als Philosophen, als Ich-hafte Persönlichkeiten, die Russen denken als Glieder der Kirche. Der Gegensatz ist nicht, wie der Abendländer sich einredet, der von vorurteilslosem und vorurteilsbehaftetem Denken, sondern von Ich-haftem und Wir-haftem.“

6. Grundlegung 1960 – Das Volk Gottes in Vergangenheit-Gegenwart und Zukunft

Für einen Rundfunkbeitrag 1960 in Deutschland: Das Volk Gottes in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft war Rosenstock-Huessy gebeten worden zum Thema Volk Gottes zu sprechen. Er kritisiert eingangs die Vergottung des Volkes im 19.Jahrhundert: „Wenn aber Volk zum Gott wird, so muß natürlich etwas Schreckliches passiert sein; denn Gott hat die Völker geschaffen als seine Geschöpfe, und die vergehen und sind nicht ewig wie er ist.“ Jedoch begründet er darin warum Volk und Ich aber sage Euch polar zusammengehören und weder getrennt, noch eins ins andere aufgelöste werden dürfen. Er begründet es aus der Zusammenschau von christlicher und jüdischer Trinität.

Er gibt uns seinen Begriff des Volkes im Unterschied zu Stamm-Staat-Reich: „Das Wort „Volk“ hat eine bestimmte Qualität in der Zeit, die dem Staat und dem Reich fehlt. … Volk hat den großen Vorzug, dass ihm die Zukunft offen steht: Vom „Volk“ sprechen sowohl die Theologen, wie die Philosophen, wie die Soziologen, wie die Historiker als vom formlosen Teil. … Der Amtsträger ist der Skelettierte, Profilierte, Bestimmte, endgültig Waltende, mit der bestimmten Befugnis Ausgestattete; das Volk dagegen tummelt sich, es sorgt für den Nachwuchs, ihm ist die Zukunft offen. Es gibt andere Gruppenbegriffe, denen diese Zukunftsfreude fehlt, diese Zugewandheit der Erwartung auf das, was noch kommt, diese Vorbereitung, noch zu lernen, wozu man eigentlich da ist. Nehmen Sie das Wort „Stamm“, das blickt deutlich nach Rückwärts. …Der Racker Staat ist ein Gebilde, in dem Vergangenheit und Zukunft der Gegenwart dienen. Das ist anders als im Stamm, wo der Vergangenheit gehuldigt wird, und anders als im Volk, wo man fröhlich des Nachwuchses, der Fruchtbarkeit, des zahllosen Gewimmels auf Erden in Abrahams Nachkommen – wie die Bibel das beschreibt – werden soll. „Alle Völker der Erde“, heisst es da, die also dem einzelnen Staat sich gegenüberstellen. Der Staat ist heutige Macht – oder er ist nichts;.. Das Volk hat Zeit, viel Zeit! …haben wir auch im Reich ein Heute, ..das Heute des Himmels, der Zeitlosigkeit, der Ewigkeit.“

Diese Vielzahl der Völker sind die lebendigen Voraussetzungen für Staaten und Reiche. Ihre Veränderungen können nicht langsam genug vor sich gehen. Sie sind Reproduktionsorgane lebendiger Seelen und mündiger Menschen im Sinne Rosenstock-Huessys: „Der mündige Mensch ist also ein Mensch, der mindestens vier Menschenarten in sich vernehmen kann, die Stimmen der Vorzeit und des anderen Geschlechts.“ Die neuen Menschen die er in Atlantic Revolution als Voraussetzung für Grenzüberwindung erforderlich hält, entsprechen dieser Qualität. Menschen in deren Seele Danke-Ja-Nein-Bitte ein Gespräch bilden, in denen das Kreuz der Wirklichkeit lebendige biografische Erfahrung ist. Die Erziehungsnation nach Kirchen- und Staatsnation wird neue Formen gestalten müssen. Formen in denen Verwandlung der Seelen sich ereignen kann. „Der Weltkrieg als Revolution wird nur dann bewährt, wenn diese dritte Form der Nation als die Aufgabe erfaßt wird, die jenseits des Weltkriegs neu bewältigt werden muß.“

Und Stamm – Reich – Volk und Muse sind doch alle vier notwendig. Christus habe gebracht, dass wir abwechseln können nach Lage und Zeit, rechtzeitig. Zu Rosenstocks-These, dass kein Mensch ohne christliche Gedanken sei auf unserem Planeten erzähle ich zwei Beispiele: Mahatma Gandhi antwortete auf des Christen Toyohiko Kagawas Frage: „Wer ist der wichtigste Mensch in der Geschichte?“ Gandhi: „Jesus!“ Kagawa: „Du bist und bleibst Hindu! Warum hast Du ein Kreuz in Deinem Arbeitszimmer hängen?“ Gandhi: „Ohne das Kreuz gibt es keine Erneuerung Indiens.“ Und der muslimische Theologe Mahmoud Ayyoub schreibt: „Ich würde sagen, dass Christus uns erlöst und fortfährt uns zu erlösen, nicht einfach nur durch seine göttliche Handlung, sondern durch seine Menschlichkeit, eine heilende Menschlichkeit. Muhammad erlöst und fährt fort uns zu erlösen, wenn wir seinem Leben nachfolgen, seiner Sunna, als Vorbild für unser Leben.“

7. Wie die Einheit wird - Dienst auf dem Planeten 1965

1965, acht Jahre vor seinem Tod, hat Eugen Rosenstock-Huessy ein letztes Buch veröffentlicht: Dienst auf dem Planeten. Es richtete sich nicht an Europäer, oder Amerikaner oder Russen– Nein! Dieses Buch ist sein Testament für alle Menschen und Völker. Hören wir ihn: „Erst haben der Süddeutsche Rundfunk und dann mein Verleger gewünscht, dass ich mich über ein Anliegen noch einmal äußere, das mir seit 1912 als das wichtigste in meiner eigenen Zukunft und in der Zukunft der Völker erschienen ist: die Gestaltung eines Dienstes, in den jeder junge Mensch im Laufe seines Leben hineingerissen würde, damit eine neue Sprache auf der Erde gesprochen werden kann. Seine Sprechweise müßte aus einer Sprache des Menschengeschlechts hervorbrechen, dürfte also nicht mit den nationalen – oder Klassen – Sprachen der bisherigen Gesellschaft zusammenfallen. Und so nenne ich heute das, was ich ansagen möchte, den Ton der fehlt; denn wenn wir noch eine Zukunft haben wollen auf dieser Erde – auch nur ein paar hundert Jahre - , dann muß dieser Ton erklingen, oder die Angst und der Hochmut – diese beiden Mächte, die uns verstummen machen – werden die Welt verbrennen und erfrieren lassen.“

Freya von Moltke hat dieses Anliegen einmal mit den folgenden Worten uns ans Herz gelegt: „Wir müssen miteinander leben lernen! Das ist eigentlich die Aufgabe der kommenden Zeit.“


Rosenstock-Huessy vergleicht einmal Völker mit Gärten. Das inspirierte mich zu dem folgenden Gedicht.

Völker wie Gärten

Völker sind wie Gärten
Vielfältig wachsen und wandeln sie sich
Leben und können sterben
Wie Pflanzen und Tiere

Völker sind wie Gärten
Brauchen Wasser und Wurzeln
Brauchen Mondlicht in der Nacht
Sonnenlicht für den Tag

Völker sind wie Gärten
Bilden Humus durch die Zeit
Lebt Ihre Sprache
So lebt der Garten

Völker sind Gärten in der Zeit
Langsam ist ihr stirb und werde
In Lebensaltern und Stämmen
Die Alten Humus für die Nächsten

Völker sind Gärten in der Zeit
Verschieden bleiben die Gärten
doch verbunden durch die Kraft
Die den Tod überwindet

Völker sind Gärten in der Zeit
Sprachgeschaffener Friede
Immer wieder neu in Dienst und Mahl
Dem folgt vielstimmiger Gesang und Frucht

Gärten sterben ohne Wasser und Licht,
Ohne Weisheit und Kunst der Gärtner
Völker sterben ohne hören und sprechen
Ohne Liebe und Vertrauen.

Thomas Dreessen

4. Wo wurde „Der unbezahlbare Mensch“ geprägt?


Empirische Sozialforschung zwischen Mannheim und Heidelberg
Als Eugen Rosenstock-Huessy 1955 sein Buch über den unbezahlbaren Menschen veröffentlichte, konnte er auf eine fast 50-jährige Beschäftigung mit dem Konflikt zwischen Kapital und Arbeit zurückblicken, wie er sich in modernen Industriebetrieben manifestierte. Und was sich damals noch nicht absehen ließ, ist heute Wirklichkeit geworden: Nach etwa 100 Jahren sehen wir uns einer ähnlichen weltwirtschaftlichen Verflechtung gegenüber wie vor dem Ersten Weltkrieg.

In keinem anderen Land der Welt war so entscheiden um die erste Globalisierung und den modernen Kapitalismus gerungen worden wie in Deutschland. Spätestens mit der Veröffentlichung von Karl Marx Hauptwerk „Das Kapital“ war die „soziale Frage“ auch auf dem Feld der Wissenschaft eröffnet worden. Insbesondere die Nationalökonomen fühlten sich von den vorgeblichen Gesetzen der materialistischen Geschichtsauffassung und der Ankündigung einer drohenden „Entfremdung“ des Menschen herausgefordert.

Daß Marx eine irgendwelche und wohl auch überragend große Bedeutung für unsere Wissensschaft habe, gilt heute, denke ich, als eine allgemein anerkannte Wahrheit. (Werner Sombart, Karl Marx und die soziale Wissenschaft, in: AfSS, XXVI. Bd. H.2. (1908), S.429)

Der 1873, kurz nach der Errichtung des Kaiserreichs gegründete „Verein für Sozialpolitik“ hatte sich auf die Fahnen geschrieben, durch wissenschaftliche Beratung der staatlichen Verwaltung soziale Reformen anzustoßen, um Fehlentwicklungen des Kapitalismus abzustellen und so den „Klassenkampf“ zu entschärfen: Als Technik und Kapital schon als Weltmächte uns tyrannisierten, rettete sich das historische Europa noch einmal in unsere Phantasie und in unsere Herzen und blieb hier noch Meisterin und Herrin! (Eugen Rosenstock-Huessy, Soziologie I: Die Kräfte der Gemeinschaft, Berlin und Leipzig: Walter de Gruyter 1925, S.252)

1902 hatte Werner Sombart mit seinem Werk über den modernen Kapitalismus die Herausforderung von Marx aus bürgerlicher Perspektive aufgegriffen. Seine bahnbrechende Studie über historische Wurzeln und gesellschaftliche Aspekte der modernen Wirtschaftsordnung beförderte über mehr als 20 Jahre die wissenschaftliche Diskussion. Eine jüngere Generation von Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlern lieferten vor allem in der Zeitschrift „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ wichtige Beiträge zu einem umfassenden Verständnis des Kapitalismus aus historischer, ökonomischer oder sozialer Perspektive: Was ist das spezifische an dieser Wirtschaftsordnung, wie ist sie entstanden und welche Veränderungen und Konsequenzen sind mit ihr verbunden? Führende Exponenten dieser Diskussion waren die Heidelberger Brüder Max und Alfred Weber, Heinrich Herkner, Werner Sombart, Robert Liefmann und Edgar Jaffé oder der Schriftleiter des „Archivs“ Emil Lederer. Mit seinen Schriften über „die protestantische Ethik und den Geist des Kapitalismus“, seinen Handbuchbeitrag über „Wirtschaft und Gesellschaft“ sowie seinen Studien über die Wirtschaftsethik der Weltreligionen erweiterte Max Weber diese Ansätze zu einer Jahrhundertdiskussion, die nach wie vor weltweit Interesse weckt. Ein nicht unwesentlicher Aspekt der damaligen Kontroversen war die Frage der Technik. 1906 stellte der Sozialökonom Willy Hellpach seine akademische Antrittsrede unter das Thema „Technischer Fortschritt und seelische Gesundheit“. Schon der erste deutsche Soziologentag in Frankfurt widmete sich 1910 den Fragen von „Technik und Kultur“ und Eugen Rosenstocks Schwager Hermann U. Kantorowicz war einer der Referenten. Auch wenn Emil Lederers Schrift über „Technischer Fortschritt und Arbeitslosigkeit“ erst 1931 erschien, so zog sie doch ein vorläufiges Fazit nach Jahrzehnten nationalökonomischer Forschung.

Berufswahl und Berufsschicksal

In Eugen Rosenstocks Studienzeit war Heidelberg nicht nur das Mekka der Anhänger Stefan Georges und Max Webers, ein Fluchtort russischer Emigranten der gescheiterten Revolution von 1905, sondern auch ein Zentrum der empirischen Sozialökonomik. Insbesondere seit der Berufung von Max Webers jüngerem Bruder Alfred aus Prag an die Universität belebte sich dieses Forschungsfeld. Weber begann seine Lehrtätigkeit im Sommersemester 1908, während er gleichzeitig sein Buch über den „Standort der Industrien“ beendete, deren erster und einziger Band 1909 als „Reine Theorie des Standorts“ bei Mohr Siebeck in Tübingen erschien. Von 1908 bis 1911 leitete Alfred Weber zusammen mit Heinrich Herkner und Gustav Schmoller die Vereinserhebung des Vereins für Sozialpolitik zu „Auslese und Anpassung (Berufswahl und Berufsschicksal) der Arbeiterschaft der geschlossenen Großindustrie“.

Wie Alfred Weber auf der Tagung des Vereins für Sozialpolitik in Nürnberg hervorhob, war bis vor einigen Jahren nur „Rahmenhaftes“ über dieses Berufsschicksal bekannt; Arbeitszeit, Lohn, Wohnungs- und Ernährungsverhältnisse, „diese äußerlichsten Einrahmungen“, waren freilich zum Gegenstand eindringlicher Untersuchungen gemacht worden, aber der eigentliche Inhalt des Arbeiterberufsschicksals hat erst seit dem Bekanntwerden einer spezifischen „Arbeiterliteratur“ – Biographien, Dichtungen von Arbeitern – und schließlich durch unsere Enquete eine Konkretisierung erfahren. (Marie Bernays, in: Friedrich Fürstenberg, Industriesoziologie. Vorläufer und Frühzeit 1835-1934 (= Soziologische Texte; Bd.1), Neuwied: Hermann Luchterhand Verlag 1959, S.115.)

Dieser Satz, ein Auszug aus Marie Bernays Aufsatz aus dem „Archiv für Sozialwissenschaften und Sozialpolitik“, steht nicht zufällig direkt vor einem Auszug aus der „Werkstattaussiedlung“ von Eugen Rosenstock-Huessy, die zehn Jahre später erschien.

Aus der Vereinserhebung gingen mehrere empirische Studien einzelner Industriebranchen hervor, deren bekannteste die von Alfreds Bruder geblieben ist und noch heute als ein Vorbild empirischer Soziologie gilt: Max Weber, Zur Psychophysik der industriellen Arbeit, in: ders., Zur Psychophysik der industrieller Arbeit. Schriften und Reden 1908-1912, hrsg.v. Wolfgang Schluchter i.Z.m. Sabine Frommer (= MWG I/11), Tübingen: J.C.B.Mohr(Paul Siebeck) 1995, S.162-380.

Dabei stöhnte Weber über 50.000 Berechnungen, die er in diesem Zusammenhang vorgenommen habe. Er arbeitete als Privatier ohne offizielle akademische Position, war aber „wirksam anwesend“ wie Karl Jaspers sich ausdrückte. Hinter den Kulissen zog er viele Fäden, stimmte sich mit seinem Bruder ab und unterstützte die Arbeit von dessen Doktorandin Marie Bernays, die in Mönchengladbach die Textilindustrie erforschte. Ihre Arbeit widmete sie Marianne Weber. Die Forschungsarbeiten erschienen in der Schriftenreihe des Vereins, u.a. 1911 die Studie von Fritz Schumann über die Arbeiter der Daimler-Motoren-Gesellschaft Stuttgart-Untertürkheim! Der Autor dankte Max und Alfred Weber für die „lebhafte Unterstützung“ und insbesondere ersterem für die Vermittlung des Kontakts zur Fabrik.

Untersucht wurden sowohl die Auswirkungen der Industrie auf das Lebensschicksal der Arbeiter und deren physische und psychische Verfassung als auch die Bedeutung der Traditionen und Lebensbedingungen der Arbeiter für die Entwicklungsmöglichkeiten der Betriebe. Die Forscher verteilten Fragebögen, erhoben statistische Daten, analysierten Leistungskurven und verglichen die Parameter, um einen Eindruck vom Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine zu gewinnen. Eindringlich warnte Max Weber davor, Leistungsunterschiede auf rassebiologische Ursachen zurückzuführen. Außerdem stellte er heraus, daß die von der Großindustrie in ihren Riesenbetrieben rekrutierten Arbeiter häufig in einer familiären Handwerkstradition stünden, deren Bedeutung keineswegs unterschätzt werden dürfe. Die Großindustrie lebe von Vorqualifikationen, die sie selbst nicht schaffen könne. (Weber, Max, Zur Psychophysik der industrieller Arbeit. Schriften und Reden 1908-1912, hrsg.v. Wolfgang Schluchter i.Z.m. Sabine Frommer (= MWG I/11), Tübingen: J.C.B.Mohr (Paul Siebeck) 1995.) Die Arbeit seines Bruders über „Das Berufsschicksal der Industriearbeiter“ erschien 1912 im Archiv für Sozialwissenschaften und Sozialpolitik (XXXIV.Bd., H.2 (1912), S.377-405.) nachdem er seine Thesen vor der Generalversammlung des Vereins für Sozialpolitik am 10./11. Oktober 1911 in Nürnberg vorgestellt hatte. „Webers Urteil über das Berufsleben der Industriearbeiter läßt seine weltanschaulichen Grundüberzeugungen erkennen: Die Lebenskraft, die natürlichen Instinkte, der biologische Rhythmus – all das wird vom kapitalistischen Apparat gefesselt und zerstört.“ (Eberhard Demm, Ein Liberaler in Kaiserreich und Republik. Der politische Weg Alfred Webers bis 1920 (= Schriften des Bundesarchivs; Bd.38), Boppard a.Rh.: Harald Boldt Verlag 1990, S.108.)

Arbeitsgemeinschaft oder Revolution?

Ungeachtet der Tatsache daß Eugen Rosenstock als Student der Jurisprudenz nur wenige Berührungspunkte mit der Industrie hatte, ergibt ein Blick auf sein Umfeld, daß viele der jungen Pioniere der empirischen Sozialforschung zu seinem engsten Freundeskreis zählten. Er hat den sich Fragen der modernen Industrie und der Arbeiterschicksale nicht erst nach 1918 und nach seinem Bruch mit der etablierten Rechtswissenschaft 1920 zugewandt, sondern war über diese Fragen seit 1909 aus nächster Nähe und aus erster Hand unterrichtet. Zu diesem Kreis zählten Friedrich Sieburg ebenso wie Arthur Salz, Werner Picht, Max Hamburger, Edgar Salin, Erich von Kahler, Ernst Robert Curtius oder Emil Lederer, der sich 1912 bei Alfred Weber habilitierte. Eine Besonderheit am Neckar war, daß sich das Studium der Nationalökonomie bei dem aufgeschlossenen Alfred Weber auf das stimmigste mit der Bewunderung Stefan Georges verbinden ließ, der hier seit 1910 regelmäßig logierte. Einen Katzensprung entfernt, bot die Industriemetropole Mannheim Anschauungsunterricht von der technischen Dynamik der industrielle Kraftwirtschaft. In dieser Zeit organisierten die „Lieblingsstudentin“ von Max Weber, Marie Bernays, und Eugen Leviné die „Soziologischen Diskussionsabende“, die von Eberhard Gothein und Alfred Weber protegiert wurden und bei denen junge Doktoranden ihre Abschlußarbeiten zur Diskussion stellten. Zum Abschluß eines Semesters wurden außerdem Kostümfeste oder Theateraufführungen veranstaltet. Marie Bernays war bereits Lehrerin und erstrebte als eine der ersten Frauen in Deutschland eine Promotion.

Eugen Leviné entstammte einer wohlhabenden jüdischen Familie und hatte 1883 in St. Petersburg das Licht der Welt erblickt. Von seinem Vater Julius, der bereits 1886 starb, trug er bis 1913 die italienische Staatsbürgerschaft, wuchs aber mit der Muttersprache Deutsch auf. 1897 übersiedelte die Familie nach Deutschland, wo Eugen Leviné zunächst in Wiesbaden das Gymnasium besuchte und schließlich in Heidelberg das Abitur ablegte. Vor der Russischen Revolution von 1905 studierte er zwei Semester Rechtswissenschaft in Heidelberg und dann erst wieder ab November 1909 Nationalökonomie. Dieses Fach schloß er 1914 erfolgreich, u.a. bei Alfred Weber und Eberhard Gothein, mit der Promotion über die kulturellen Interessen der Mannheimer „Arbeiterintellektuellen“ ab. Die ursprünglich geplante Veröffentlichung: „Typen und Etappen in der Entwicklung gewerkschaftlicher Arbeiter“ in der von Alfred Weber herausgegebenen Reihe „Schriften zur Soziologie der Kultur“ ist unterblieben. Erzürnt über die staatliche Repression im Zarenreich und entflammt von der Niederschlagung der Revolution von 1905 hatte er immer wieder den politischen Kampf im zaristischen Rußland gesucht und dreimal Bekanntschaft mit zaristischer Kerkerhaft gemacht. Seit 1909 war Eugen Leviné geschätztes Mitglied der sozialdemokratischen Partei in Mannheim, die in der Industriemetropole 1906 ihren Bundesparteitag veranstaltet hatte. Max Webers hatte sich damals über die dort versammelten Gastwirtsgesichter mokiert. Die Aufnahme in die SPD war erst nach Intervention von Alfred Weber und Eberhard Gothein erfolgt.

Eugen Rosenstock und sein Namensvetter Leviné kannten sich spätesten seit 1911. Seine älteste Schwester Hertha war einige Zeit mit dem begeisternden Redner befreundet gewesen. Belegt ist ein Streitgespräch über die Lösung der sozialen Frage in Mannheim. Ausgangspunkt waren die Promotionsthesen von Werner Picht: Der Student bei Alfred Weber hatte die englische Universitätsausdehnungsbewegung untersucht. Inspiriert von Akademikern wie Thomas Carlyle und John Ruskin suchten dort Studenten Arbeiterquartiere auf, um der Spaltung der Gesellschaft entgegenzuwirken. Vor der Veröffentlichung stellte er seine Thesen im Wintersemester 1911/12 an einem der soziologischen Diskussionsabende vor. (Werner Picht, Toynbee Hall und die englische Settlement-Bewegung. Ein Beitrag zur Geschichte der sozialen Bewegung in England (= Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik: Ergänzungsheft IX), Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1913).

Ein weiterer Referent zum Thema „Kunst und Volk“ war Fritz Wichert, der neue Direktor der Mannheimer Kunsthalle (seit 1909). Der fast vergessene Vorgänger des Frankfurter Kulturdezernenten Hilmar Hoffmann - hatte mit einer „Akademie für Jedermann“ Aufmerksamkeit und Interesse gefunden. In Heidelberg wurde vereinbart, daß Werner Picht seine Forschungen bei einer öffentlichen Veranstaltung in der benachbarten Industriemetropole Mannheim vorstellt. Hier kam es dann zum Streitgespräch zwischen Eugen Leviné und den beiden bürgerlichen Intellektuellen Werner Picht und Eugen Rosenstock. Beide überzeugte weder die Lösung der sozialen Frage durch ein „unaufgeregtes“ Gespräch von Studenten und Arbeitern bei „Tee und Kuchen“, noch die revolutionäre Erwartung von Eugen Leviné. Der wiederum war sich sicher: „Solange die Proletarierkinder mit den Bürgerskindern nicht zusammen spielen, solange glaube ich nicht an Eure Menschheitsversöhnung und an Eure brüderliche Gesinnung.“ (Zitat aus „Dienst auf dem Planeten“) Als „deutschen“ Weg favorisierten Picht und Rosenstock eine Überbrückung der Gegensätze durch gemeinschaftliche Arbeit. Diesen Gedanken brachten sie in ihr Engagement für die Erwachsenenbildung ein und später beim Aufbau gemeinsamer freiwilliger Arbeitslager für Arbeiter, Bauern und Studenten. Die geplante „volksbildnerische Initiative“ einer Zusammenarbeit zwischen Arbeitern und Bildungsbürgertum, zwischen Universität und Industriestadt, kam letztlich nicht zustande. Eugen Rosenstock vermutete eine Intervention Eugen Levinés bei der lokalen Mannheimer Sozialdemokratie.

Als ein paar Jahre später ein russischer Marxist in Heidelberg das Kommen der Revolution verkündete, rückte ich mit dem Plan eines „moralischen Äquivalents für den Heeresdienst“ heraus, angefangen beim Arbeitsdienst für alle Klassen eines Volkes. (Eugen Rosenstock-Huessy, Metanoia. Anders und neu Denken. Ein Brief an einen Freund vom 18. Februar 1946, übersetzt aus dem Englischen und neu gegliedert von Eckart Wilkens, unveröffentlichtes Manuskript, Köln 2019.)

Das dortige Treiben wurde von den konservativen Fakultätskollegen kritisch beäugt. Der Historiker Karl Hampe witterte gar eine revolutionäre Zelle an der Heidelberger Universität. Seinem Kriegstagebuch vertraute er am 15. Mai 1919 an: „Übrigens sind unter den Kommunisten fast allenthalben Heidelberger in der Führung; es ist die Schule unserer Nationalökonomen, namentlich der beiden Weber.“ Und auch der Wiener Nationalökonom Otto Neurath sah Max Weber als „Nährvater der Räterepublik“ und seine Heidelberger „Privatdozenten“ in diesem Gefolge.

Ein Gespräch des Lebens

Ausdrücklich hat Eugen Rosenstock sein politisches Erwachen auf den russisch-japanischen Krieg und die gescheiterte Revolution von 1905 zurückgeführt. Viele der gescheiterten Revolutionäre zog es nach Westen und in Heidelberg existierte eine große russische Kolonie, die sich um die Lesehalle organisierte. Wie Max Weber kannte er die russischen Revolutionäre aus persönlicher Begegnung:

Die russischen Revolutionäre von 1905 habe ich selber noch in den Universitäten Zürich, Genf, Berlin, Heidelberg in Fleisch und Blut angetroffen. (Eugen Rosenstock-Huessy, Die Fortschritte der Gesellschaft und die Soziologie. II. Universität oder Schule?, in: Frankfurter Hefte, 14.Jg. H.3 (1959), S.187.)

Die Heidelberger Studienerfahrung hat Eugen Rosenstock-Huessy ein Leben lang in Atem gehalten. Um die Metamorphosen des Menschen und die Revolutionen der Gesellschaft zwischen Recht und Unrecht kreiste sein soziologisches und historisches Denken, das sich in seiner Schrift über die „Hochzeit des Kriegs und der Revolution“, seiner „Europäischen Revolution“ und seiner Soziologie niederschlug. Auf einer anderen Ebene lagen seine Initiativen zu konkreten Arbeitsgemeinschaften, um Zeit zu gewinnen für die Gesellschaft der Zukunft, für die Vollzahl der Zeiten. Ich führe hier nur (1.) sein Engagement als Chefredakteur der „Daimler-Werkzeitung“ an, um Arbeitern und Führungskräften einen gemeinsamen Weg zu bahnen, (2.) sein Wirken als Gründungsdirektor der von den Gewerkschaften getragenen Frankfurter „Akademie der Arbeit“, (3.) seine Lehrstuhlvertretung des Karlsruher Arbeitswissenschaftlers Willy Hellpach und (4.) seine Vorlesungen an der Technischen Universität Darmstadt, wo er das Gespräch mit künftigen Leitern der deutschen Industrie suchte. Seine Schrift über das „Industrievolk“ trug das Motto: „Man muß den Geist der Väter besitzen, um ihn zu überwinden“; Aus dem Zwischenraum zwischen Technik und Weisheit. Aus der Zwischenzeit zwischen Krieg und Frieden, Viktor Bausch, Arnold v. Borsig, Eberhard v. Brauchitsch zugeeignet (Eugen Rosenstock, Industrievolk (= Volk im Werden; Bd.2), 2. erw. Aufl., Frankfurt a.M.: Verlag der Carolus-Druckerei 1924.) Diese Kontakte trugen ihm eine Einladung zum Vortrag auf der Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (VDA) 1926 in Berlin ein: „Macht und Schranken der Industrialisierung des Reichs“, der im gleichen Jahr im Verbandsorgan „Der Arbeitgeber“ veröffentlicht wurde. Außerdem widmete er sich im gleichen Jahr systematisch den juristischen Aspekten der modernen Industrie: Eugen Rosenstock, Vom Industrierecht. Rechtssystematische Fragen. Festgabe Xaver Gretener zum Fünfzigjährigen Doktorjubiläum am 26. April 1926, hrsg.v.d. Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität, Berlin und Breslau: Verlag Hermann Sack 1926.

Über den Teich und zurück

1936 konnte Eugen Rosenstock-Hussy auf diese Erkenntnisse aufbauen, als er in Boston die populärwissenschaftlichen Lowell Lectures übernahm, aus denen dann seine Schrift über die „Mutiformity of Man“ hervorging, die 1955 in deutscher Übersetzung als „Der unbezahlbare Mensch“ erschien. Das in den 1830er Jahren als Stiftung gegründete Lowell Institut war eines der frühesten Institute der Universitätsausdehnungsbewegung überhaupt. 1903 war die Lowell School eine der ersten Abendschulen. Es war bekannt, daß die „Lectures“ sehr großzügig dotiert wurden und nicht nur an der Ostkünste beachtet wurden. Dort stellte Eugen Rosenstock-Hussy erstmals seine Gesetze des technischen Fortschritts als „Ecodynamic Laws“ vor. Der populärwissenschaftliche Anspruch läßt sich sehr gut an plakativen Formulierungen wie „The Black Magic of the Twenty-four Hour Day“ „The Waste of Power in Industry“ oder „The Social Body Rebelling against Dead Time“ des zweiteiligen Vortrags ablesen. Die Geschichte über William James, der sich von einem Studenten aus der Luther Bibel deutsch vorlesen läßt und die auch den unbezahlbaren Menschen eröffnet, wird hier erstmals erzählt. In seinem Vorwort stellt er fest: „Of course we read the classics and our glands secrete – but there are other things between heaven and earth, as for example capital and labo[u]r, elecricity and steam, death and birth control and law and politics.“

Dabei ging es ihm nicht um Theorie, sondern um eine Betrachtung der Industrie aus verschiedenen Perspektiven und in einer Sprache, die auch den täglich von ihr Betroffenen verständlich bleibt. Die Mächte und Kräfte, die technischen Veränderungen und Sachzwänge, die Einbettung in den Ablauf der Generationen und die planetarische Dimension der Wirtschaft. Seine Einsichten entnahm er keinem zeitlich begrenzten empirischen Experiment, sondern dem lebenslangen Gespräch mit den betroffenen Arbeitern und Unternehmern. 1941 erschien in New York ein Klassiker der Soziologie, James Burnhams „Managerial Revolution“, der viele der Umstände beschreibt, die Eugen Rosenstock bei seinen Lowell Lectures vor Augen hatte.

Die Zeiten der Völker verlangen anderes als die der Technik. Ich habe die Gesetze der Technik so formuliert: Jeder technische Fortschritt verkürzt die Zeit, erweitert den Raum, zerschlägt eine Gruppe. Sobald auch den Weltkriegen diese drei Züge entnommen werden, kann es niemanden verwundern, wenn Techniker mit den Entwicklungsländern nicht fertig werden. Die drei Gaben der Technik: Beschleunigung der Zeit, Erweiterung des Raums, Zerstörung des Friedens - die müssen wettgemacht werden, und zwar mit Hilfe von Leuten, die mit Technik nichts zu tun haben. Ist das Bemühen um die Entwicklungsländer nicht ein Widerspruch in sich selber? Man redet von Entwicklungsländern und im selben Atemzug plant man, sie glücklich zu machen. Ach, wer glücklich gemacht werden kann, der kann sich bestimmt nicht entwickeln; umgekehrt, wenn es sich wortwörtlich um “entwickeln” handelte, dann dürften wir alles getrost der Entwicklung überlassen. Aber diese wächserne Nase des 19. Jahrhunderts, Evolution, Entwicklung, wollen wir uns lieber nicht vorbinden. Entwicklung ist nichtssagend. Denn Völker können zugrunde gehen; Reiche können verfallen; Nationen können wahnsinnig werden. Das Entwickeln ist eine so verwickelte Angelegenheit, daß wir lieber die Finger davon lassen; die neuen Staaten sollten wir lieber nicht als Entwicklungsländer verunglimpfen; Entwicklung ist meistens Verfall. Hingegen dürfen wir bescheiden den nächsten Schritt tun, der sie unserer Solidarität versichert. Als Entwicklungsländer sind die Objekte. Wer wagt es, ein anderes Volk anzurühren, es sei denn als sein Nächster? Und da kann nicht das Stahlwerk mit Bordell und Badezimmer das nächste Ziel sein. (Eugen Rosenstock-Huessy, Dienst auf dem Planeten, in: ders., Unterwegs zur planetarischen Solidarität: Sammeledition von Der unbezahlbare Mensch (1955),(1965), Ja und Nein - Autobiographische Fragmente (1968), hrsg. von Rudolf Hermeier, Münster: Agenda-Verlag 2006, S.154/155.)

Es kann nicht überraschen, wenn diese Worte ähnlich klingen wie die Mahnung, die Max Weber in Anknüpfung an Nietzsche den Optimisten des technischen Fortschritts ins Stammbuch geschrieben hat:

Niemand weiß noch, wer künftig in jenem Gehäuse wohnen wird und ob am Ende dieser ungeheuren Entwicklung ganz neue Propheten oder eine mächtige Wiedergeburt alter Gedanken und Ideale stehen werden, oder aber - wenn keins von beiden - mechanisierte Versteinerung, mit einer Art von krampfhaftem Sich-wichtig-nehmen verbrämt. Dann allerdings könnte für die »letzten Menschen« dieser Kulturentwicklung das Wort zur Wahrheit werden: »Fachmenschen ohne Geist, Genußmenschen ohne Herz: dies Nichts bildet sich ein, eine nie vorher erreichte Stufe des Menschentums erstiegen zu haben.

Editorischer Bericht

Wie so viele Schriften von Eugen Rosenstock-Huessy zeigt auch der unbezahlbare Mensch mehrere Stufen der Manuskripterstellung und Bearbeitung. Darüber hinaus liegt der Text sowohl in englischer wie in deutscher Sprache vor. Das Manuskript geht zurück auf acht Vorlesungen sowie einen Epilog, die Eugen Rosenstock-Huessy 1935 am Bostoner Lowell Institute gehalten hat. Die private Stiftung hatte sich seit Anfang des 19. Jahrhunderts der Popularisierung wissenschaftlicher Erkenntnisse verschrieben. Die acht Vorträge standen unter dem Titel: „The Inheritors of Industry. Ecodynamics of a mechanized World“. Das zweihundertseitige Manuskript ist in der Transkription von Lise van der Molen auf DVD überliefert. Der Autor konnte dabei auf Einsichten seiner Studienzeit in Heidelberg zurückgreifen sowie Erkenntnisse seiner Lehrtätigkeiten in Karlsruhe und an der Technischen Universität Darmstadt sowie seine Schriften über „Industrievolk“, „Werkstattaussiedlung“, „Lebensarbeit in der Industrie“ sowie seine rechtsdogmatische Studie „Vom Industrierecht“ einbringen. 1936 kondensierte der Autor seine Gedanken zu dem Aufsatz „The Multiformity of Man – Economics of a Mechanized World“, der bei einem kleinen Verlag in Norwich/Vermont erschien und 1949 neu aufgelegt wurde. In der Zwischenzeit hatte er weitere Vorträge zu diesem Thema gehalten, von denen sich Notizen erhalten haben. Die Ausgabe von 1949 zeigt einige Änderungen. Der Text wurde um ein Vorwort sowie ein neues erstes Kapitel ergänzt. (Im Bielefelder Archiv existiert sogar ein mehrseitiges Gedicht über „The Multiformity of Man (Mensch in der Vielfalt)“, augenscheinlich für Sabine Leibholz-Bonhoeffer). 1955 erschien eine deutsche Ausgabe in der Übersetzung von Gertie Siemsen unter dem Titel „Der unbezahlbare Mensch“ im Berliner Käthe Vogt Verlag. 1966 erschien eine Neuausgabe unter dem Titel „Whom Money cannot buy. Ecodynamics of a Mechanized World and the Fractions of Man in Industry“ mit einem neuen Vorwort und einer englischen Übersetzung des zweiten Kapitels von der „Der unbezahlbare Mensch“. 1973 erschien „The Multiformity of Man“ erneut, diesmal ohne das Vorwort von 1966. Nach dem Tod des Autors gab Rudolf Hermeier die deutsche Übersetzung von 1955 erneut heraus: Eugen Rosenstock-Huessy, Unterwegs zur planetarischen Solidarität: Sammeledition von Der unbezahlbare Mensch (1955), Dienst auf dem Planeten(1965), Ja und Nein - Autobiographische Fragmente (1968), Münster: Agenda-Verlag 2006. Eckart Wilkens schloß 2013 eine vollständige Neuübersetzung des Textes ab. Eine kritische Ausgabe, die die verschiedenen Textfassungen kollationiert gibt es bisher nicht.

Sven Bergmann

5. Neuedition: Der unbezahlbare Mensch

Auf Anregung unseres Mitglieds Peter Galli haben wir begonnen eine Neuedition des Unbezahlbaren Menschen zu wagen. Die Erben Rosenstock-Huessys haben uns die Erlaubnis erteilt. Wir glauben, dass es heute sehr wichtig ist diese Anthropologie für die Industriegesellschaft neu zu präsentieren. Wir bitten Sie um finanzielle Unterstützung für diese Edition. Bitte nutzen Sie dafür das Konto der Gesellschaft und geben den Spendenzweck an. Dann können wir Ihnen eine Spendenbescheinigung zukommen lassen. Wir hoffen, dass wir sie zum 50.Todesjahr Rosenstock-Huessys auf dem Markt haben.

Thomas Dreessen

6. Im „Schein“ von Preußens Gloria


Der Berliner Schüler Eugen Rosenstock Als Eugen Rosenstock 1884 das Königliche Wilhelms Gymnasium bezog, war die Preußische Hauptstadt das Mekka der Altertumswissenschaften. Hier lehrten mit Theodor Mommsen, Eduard Meyer, Adolf Erman oder dem Prinzenerzieher und Olympia-Ausgräber Ernst Curtius, dem Großvater von Ernst Robert Curtius, Forscher von Weltruf. Der Vorbildcharakter der Griechen und Römer spiegelte sich auch in der Gewichtung des Lehrplans. Je nach Klasse entfiel fast die Hälfte der gesamten Unterrichtszeit auf das Lateinische oder Griechische. Schließlich sollten an der Schule die zukünftigen Leiter einer Weltmacht erzogen werden und für diese Aufgabe waren Kenntnis und Verständnis von Sprache, Kultur und Geschichte Roms und Athens unabdingbar. Es sind die Jahre nach der Reichsgründung und vor dem Ersten Weltkrieg, in denen Berlin zur einer führenden, jedenfalls zur modernsten Weltmacht aufstieg. Diese Verwandlung spiegelte sich täglich in einer schwindelerregenden Bautätigkeit und ebenso fiebriger Immobilienspekulation wie auch an dem rasant steigenden Verkehrsaufkommen. Der vier Jahre jüngere Walter Benjamin hat die Gegensätze und Verwerfungen seiner „Berliner Kindheit und Jugend um 1900“ einprägsam beschrieben. 1905 mahnte die Joachimsthaler Jahreschronik: „Die Schüler sind von Zeit zu Zeit in geeigneter Weise auf die Gefahren aufmerksam zu machen, in welche sie beim Herannahen von Automobilen durch Unachtsamkeit, übertriebene Neugier oder leichtsinnigen Wagemut geraten können.“ Im gleichen Jahr überschritt die Hohenzollernmetropole die Marke von zwei Millionen Einwohnern. Eugen erinnerte sich des Berlins seiner Jugend:

Ich bin in einer Metropole mit amerikanischem „Tempo“ aufgewachsen, in Berlin. Ich besuchte eine Schule, in die der Hof und die Bankiers ihre Söhne sandten. Meine Klasse wog viele Millionen an Dollar und preußischen Adelstiteln. Mit dreizehn Jahren kam ich in ein Internat. Es lag ebenfalls im Herzen der Stadt. Aber ich war einer von zwei Tagesschülern. (Eugen Rosenstock-Huessy, Was bedeutet die Stadt für das christliche Leben? Über die künftige Beziehung zwischen der Stadt des Menschen und der Stadt Gottes, in: Zeitwende, 21. Jg. (1949/50), S.241.)

Und dieses Tempo übertrug sich auf den Schüler selbst, der fast immer der jüngste, der klügste und umtriebigste war. Über die Anregung durch seine drei älteren Schwestern wird man dabei nur spekulieren können. Mit Unterstützung seines Vaters baute er sich eine Bibliothek auf und sog begierig die Wissensbestände seiner Zeit und seiner Metropole auf. Im Bild von „Billardkugeln“ hat er selbst beschrieben, wie die beiden Wissensprotze Eugen Rosenstock und Franz Rosenzweig nach 1914 ihre Geschwindigkeiten austauschten. Der gemächlichere Franz verfaßte in fiebriger Eile seinen „Stern der Erlösung“ und Eugen brauchte Jahrzehnte, um seine im ersten Weltkrieg erahnte Soziologie abzuschließen.

Die rund 650 Schüler des von „Direktor Professor Dr. Otto Kübler“ geleiteten Wilhelms Gymnasiums kamen aus den führenden Familien der Hauptstadt, etwa 350 waren evangelisch, knapp unter 300 jüdisch sowie etwa 20 katholisch. Den dokumentierten Jahrbüchern der Schule ist zu entnehmen, daß die königliche Familie ein elementarer Bezugspunkt des Schulalltags war. Geburts- und Todestage der Monarchen oder Regierungsjubiläen wurde genauso gedacht wie gewonnener Schlachten, insbesondere dem Sedantag am 2. September oder dem Reformationstag im November. Regelmäßig führte der Schulunterricht an die Siegesallee, um anhand der Skulpturen und Denkmäler die glorreiche preußische und protestantische Geschichte zu memorieren. In der Schulchronik sind detailliert die Schulfeiern des Jahres aufgeführt. Nach 1888 sind dies vor allem der Geburtstag des Kaisers am 27. Februar sowie die Gedenktage an Kaiser Friedrich am 18. Oktober und Kaiser Wilhelm am 9. März. Außerdem wurde der Namenstag der Schule am 22. März begangen. Dazu kamen Ereignisse, wie etwa die zweihundertjährige Jubelfeier des Königreiches Preußen am 18. Januar 1901 oder im gleichen Jahr der Tod „Ihrer Majestät, der hochseeligen Königin des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Irland und Kaiserin von Indien“, an deren Bestattungstag die Trauerflagge aufgezogen wurde. Zum Reformationsfest erhielt traditionell der „Primus omnium“ der evangelischen Schüler die Denkmünze der Stadt Berlin. Für den ehrgeizigen Schüler mosaischen Glaubens, Eugen Rosenstock, also eine unerreichbare Ehrengabe. Am 1. Sonntag nach Trinitatis, am 20. Juni fand ein gemeinsames Abendmahl in der Matthäuskirche statt und am Ende des Kirchenjahres, am 20. November, wurde bei einer Schlußandacht verstorbener ehemaliger Schüler gedacht. Auf der anderen Seite liegt es nahe, daß die Schüler aus den besten Familien mit einem mehr als gesunden Selbstbewußtsein auftraten. Viele trugen einen großen Namen und manche bildeten sich gewiß einiges darauf ein. Für jeden Abiturienten war neben Geburtstag und -ort jeweils der Berufstand des Vaters sowie der Berufswunsch des Schülers dokumentiert. Diese Atmosphäre wird dem sprachbegabten und wißbegierigen Schüler die Stimmung verdorben und der latente Antisemitismus wird seine Spuren hinterlassen haben. Diesen Eindruck konnte auch der geliebte Gesangsunterricht nicht aufwiegen, der vom Musikdirektor, Domorganisten und Vizedirektor der Berliner Singakademie Hermann Kawerau geleitet wurde. Jedenfalls wechselte Eugen Ostern 1901 an das „Königl. Joachimsthalsche Gymnasium“ in Wilmersdorf. Hier wurden im Winter 1901 428 evangelische, 35 jüdische, 14 katholische Schüler unterrichtet. Auch hier dominierten Latein und Griechisch den Lehrplan, gegenüber 4 Wochenstunden Mathematik und 2 Stunden Physik. Französisch überwog mit 3 Stunden das Englische mit 2 Stunden. Am Joachimsthaler Gymnasium ist Otto Schroeder einer seiner Lehrer, „der belebende Geist des Graecas in Berlin“, an dessen Veranstaltungen selbst Professoren wie der Theologe Ernst Troeltsch oder der Historiker Friedrich Meinecke teilnahmen. In der Hierarchie der Schule rangierte „Professor Schroeder“ gleich hinter dem Direktor und unterrichtete entsprechend vor allem die Ober- und Unterprima. Die drei Lehrer: Konrad Müller, Karl Fuhr und Schroeder derer Eugen sich später erinnerte, unterrichteten bevorzugt die alten Sprachen. Eine Besonderheit der neuen Schule war der Unterricht in juristischer Propädeutik. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts bestand eine Juristenstiftung, um begabte Schüler an das Fach heranzuführen. Ausgewählte Schüler der Ober- und Unterprima wurden eine Wochenstunde von einem Ordinarius der Berliner juristischen Fakultät unterrichtet. (Hans-Christof Kraus, Das Joachimsthalsche Gymnasium und die Universität Berlin im 19. Jahrhundert, hrsg.v. Thomas Flöter und Christian Ritzi, in: Das Joachimsthalsche Gymnasium. Beiträge zum Aufstieg und Niedergang der Fürstenschule der Hohenzollern, Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt 2009, S.250.)

Wie mir R.[osenstock] mitteilte, war es zu seiner Zeit Theodor Kipp sen., der Vater des kürzlich verstorbenen Bonner Professors, dem diese Aufgabe zugefallen war und der ihr dadurch gerecht zu werden versuchte, daß er mit seinen drei Oberprimanern die Institutionen des Gaius las. (Walter Redlich, Eugen Rosenstock-Huessy, in: Alma Mater Joachimica, N.F. H19, Joachimsthaler 25. Mai 1964, S.265)

Rückblickend erinnerte sich der so präparierte Jurist: „Der wohlmeinende Stifter hatte uns die Berufswahl erleichtern wollen. Tritt doch wohl niemand so unvorbereitet, so ahnungslos an seinen Beruf heran als der Schüler, der die Universität bezieht, um die Rechte zu studieren. Die deutschen Schulen nehmen von der Welt des Rechts bis heute keine Notiz.“ (Eugen Rosenstock, Der Neubau der deutschen Rechtsgeschichte, in: Die Arbeitsgemeinschaft, 1.Jg. (1920), S.133) Genau das gedachte er später zu ändern und das Recht als ein Element in seine „Volkslehre“ zu integrieren.

Etwa dreiviertel der Schüler kamen als Ganztagsschüler von auswärts. An der Schule wurden Internatsschüler aus der Provinz Brandenburg und Externe gemeinsam unterrichtet. („grausame Provinz“ nennt Eugen Rosenstock-Huessy später den Horizont seiner Mitschüler: Eugen Rosenstock-Huessy, Soziologie, 1. Bd.: Die Übermacht der Räume, Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz: W. Kohlhammer Verlag 1956, S.8.) Ein Oberschüler erinnerte sich später, Eugen in der Straßenbahn auf dem Schulweg von der Wohnung in der Königin-Augusta-Straße 44 zur Kaiserallee in Wilmersdorf in kurzen Hosen, die Times lesend gesehen zu haben. (Kurt Schweitzer an Eugen Rosenstock-Huessy, 26.08.1967, LKA EKvW 5.16, 242; das Gebäude an der Deutschlandallee beherbergt heute die Berliner Musikhochschule.) Der Kalender der Schule war weniger umfassend auf die königliche Familie fixiert. An Festtagen fiel die Schule häufiger aus, in Einzelfällen sogar am Sedanstag oder 1904 anläßlich der Einweihung des neuen Berliner Domes. Eugen selbst berichtete von seiner Teilnahme an der Einweihung des Bismarckdenkmals vor dem Reichstagsgebäude am 16. Juni 1901. Noch weit detaillierter als die Jahrbücher seiner Schulen dokumentieren Eugens überlieferte Schulschriften und Aufsätze seine Vorlieben und herausragenden Fähigkeiten, die er an einem Vorzeigegymnasien Preußens unter Beweis stellte. 1904 beteiligte sich die Schule auf Anforderung des Ministers mit einer Präsentation von Lehrplänen, Schülerheften und Klassenbüchern an der internationalen Weltausstellung in St. Louis, die heute noch durch den Besuch führender deutscher Ordinarien wie Max Weber und Ernst Troeltsch in Verbindung mit der „Protestantismusthese“ in Erinnerung geblieben ist.

Lise van der Molen hat die erhaltenen Schulaufsätze sowie Ausarbeitungen transkribiert, die er bevorzugt seinen Eltern zu Weihnachten oder zum Geburtstag als Geschenk überreichte. So übersetzte er das sechste Buch von Homers Odyssee oder eruierte den Bildungshorizont von Notker Teutonicus (Labeo) von Sankt Gallen. Dabei scheute er auch keine Kritik an Luthers Bibelübersetzung. Möglicherweise nach einem Besuch der königlichen Museen begeisterte er sich für Ägypten und interessierte sich für die einschlägigen Forschungen der Berliner Koryphäen zu diesem Wissenschaftszweig. Die Lexika von Heinrich Brugsch und sein Werk über „Religion und Mythologie der alter Ägypter“ von 1889 galten als Referenz. Mit Hilfe der vorliegenden Wörterbücher übersetzte Eugen die Weisheitslehre des Ptah-hotep, die damals als die ältesten Weisheitslehren der Menschheit galten und widmete die Arbeit einer seiner drei älteren Schwestern.

Ahnungslos, je am Nil unserem Mittelalter verwandte Züge zu finden, studierte ich seit 1903 Ägyptologie, seit 1906 bei Adolf Erman. In jenem Jahr, 1903, übersetzte ich die Sprüche des Ptahotep. Nun kann ich Dir auch am Nil keinen besseren Schlüssel zum Verständnis des Bundes von Geist und Blut bieten, der uns zu Menschen macht, als die Hauserrichtung. (Eugen Rosenstock- Huessy, Die angeschriebene Ewigkeit. Briefe nach Kairo, in: ders., Die Sprache des Menschengeschlechts. Eine leibhaftige Grammatik in vier Teilen, 2 Bd., Heidelberg: Verlag Lambert Schneider 1964, S.733f.)

Bezeichnend für Eugens Temperament ist, daß er die Übersetzung noch am Tag der Überreichung verbrannte, weil er den Eindruck gewann, sein Werk werde nicht angemessen gewürdigt.

Nach zwei Jahren in der Prima fand vom 19. bis 21 Februar seine Reifeprüfung unter dem Vorsitz von Herrn Geh. Reg.-Rat Prov.-Schulrat Dr. Genz statt. Ostern 1906 legte Eugen als Zweitbester seiner Klasse das Abitur ab. In Deutsch lautete seine Aufgabe: „Und alles ist Frucht und alles ist Samen“ wie bewährt sich dieser Satz in Schillers Braut von Messina? In Mathematik galt es ein Dreieck zu berechnen und in Griechisch den Platonischen Dialog Theages, C, X. zu interpretieren. Da Plato sein Spitzname bei seinen Mitschülern war, wird ihm die Interpretation wenig Mühe bereitet haben.

Zum Abschied widmete er seiner Schule eine Ausarbeitung über den römischen Parteimann P. Clodius Pulcher, auf der er handschriftlich vermerkte: „Dies ist meine Valediktionsarbeit für das Joachimsthalsche Gymnasium in Berlin-Wilmersdorf, überreicht im Januar 1906“. Das besondere einer „Valediktionsarbeit“ war der annähernd akademische Anspruch, bei dem jeder Schüler davon ausgehen konnte, daß sie mindestens als Empfehlungsschrift in Erinnerung bleiben würde, etwa wie bei Friedrich Nietzsche oder dem Historiker Karl Lamprecht. Der einschlägige Lexikoneintrag zu Pulcher war noch relativ frisch und in der Lehrerbibliothek seines Gymnasiums vorhanden: Art.: P. Clodius Pulcher, in: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft, Neue Bearbeitung, hrsg.v. Georg Wissowa, Siebenter Halbband, Stuttgart: J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung 1900, S.82-88.

Als ich jung war, da waren die Geister voll von der Herrlichkeit des großen Individuums. Die Renaissance war sein Geburtstag, wurde uns gesagt. Gobineau’s Renaissance, Jacob Burckhardt und ganze Horden von Kunsthistorikern und Nietzscheanern priesen das große Individuum. Caesare Borgia, Pietro Arentino, aber auch Leonardo und Michelangelo kamen unter dies Rubrum. Ich hatte Mühe, in meiner Valediktionsarbeit über ein solches großes Individuum der Antike, den berüchtigten Publius Clodius Pulcher, mich aus diesem Nebel herauszuarbeiten und besagtes großes Individuum als ein bloßes, seelenloses Naturschauspiel zu durchschauen. Es kostete den Primaner eine ungeheure Anstrengung, die Verherrlichung des Individuums abzuschütteln. Ich endete meine Biographie damals mit einem Satz, der noch heut’ zeigen kann, worum es in der Erfassung des Individuums bis auf den heutigen Tag geht. Ich schrieb: „In einem brodelnden Hexenkessel wallt eine schillernde Blase auf und zerplatzt.“ Nach fast zwei Jahren harter Quellenforschung war es für mich ein Ereignis, das bloße Naturhafte dieses römischen Politikers so schroff wie möglich zu kennzeichnen, als einen Schutz um meine eigene damals dem Renaissance- Schwindel ausgesetzte Seele. (Eugen Rosenstock, Die Sprache des Westens, in: ders., Das Geheimnis der Universität. Wider den Verfall von Zeitsinn und Sprachkraft. Aufsätze und Reden aus den Jahren 1950 bis 1957, hrsg.v. Georg Müller, Stuttgart: W.Kohlhammer Verlag 1958, 58/59.)

In der Schrift von nicht weniger als 75 Seiten schildert der die Entwicklung der römischen Stadtrepublik zu einem großen Imperium, dessen Institutionen dieser Herausforderung immer weniger gewachsen waren. Die formal demokratische Verfassung wird immer stärker durch Besitz und Vermögen ad absurdum geführt und mündet schließlich in den Bürgerkrieg, bis das Kaisertum Frieden und Ordnung bringt und „Parteihader und Strebertum“ besiegt. Nach einer Schilderung von Pulchers Jugend und Karriere (Ämterlaufbahn = cursus honorum) beschreibt er sein Tribunat und schließlich die Straßenkämpfe und Gewaltausbrüche. In viele seiner Formulierungen kann man Konstellationen seiner eigenen Zeit hineinlesen, ganz wie er es bei seinem Idol Theodor Mommsen abgeschaut haben mag. Sein Gesamturteil über Pulcher und sein Scheitern fällt keineswegs mißgünstig aus: „So sehr er den nervösen, kranken und blasierten Charakter seiner Zeit in vieler Hinsicht vertritt, so zeigt er trotzdem seine Gesundheit in seiner Arbeitskraft und seinem physischen Mut“. Nimmt es da wunder, daß das wilhelminische Kaiserreich seit etwa 20 Jahren wiederholt als nervöse Großmacht beschrieben worden ist? Welche Bedeutung er seiner Arbeit für seine persönliche geistige Gesundheit zuschrieb zeigt eine spätere Notiz:

Es war ein Glück für mich, daß der Held meiner Valediktionsarbeit von 1904 bis 1906. P. Clodius Pulcher, ein solches Scheusal war, daß mir schon damals beim Schreiben aufging, es sei denn doch in der Geschichte ohne Auslese nicht auszukommen. Die um jene Zeit umgehende blinde „Renaissance-Begeisterung“ rühmte ja Cesare Borgia und alle die anderen Hitler jener Zeit. Mein Schufterle Clodius – seine Schwester machte meinen geliebten Catull unglücklich – nahm es an Spitzbüberei mit jedem Renaissancehelden auf. Daher war ich imstande, die Verbindungsfäden zu ziehen und den Gobineau-Geymüllerschen Kult von „uns Bürgern der Renaissance“ auf Grund meiner klassischen Philologie abzuschütteln. Damit schüttelte ich die zentralen Zeitmode ab, ohne es zu wissen. Ich bin durch jenen Schritt ein für allemal gegen die Dunstkreise Stefan Georges, Spenglers, Marxens, Nietzsches immunisiert worden. Die Gleichsetzung des Verbrechers und des Übermenschen hat mich seitdem nie wieder versucht. (Eugen Rosenstock-Huessy, Mihi est propositum. Ein autobiographischer Zusatz zur „Sprache des Menschengeschlechts“, in: ders., Unterwegs zur planetarischen Solidarität: Sammeledition von Der unbezahlbare Mensch (1955), (1965), Ja und Nein - Autobiographische Fragmente (1968), hrsg. von Rudolf Hermeier, Münster: Agenda-Verlag 2006, S.241.) Folgerichtig lehnte Eugen Rosenstock-Huessy in den zwanziger Jahren alle Anforderungen der Jugendbewegung ab und bestand gegenüber seinen jugendbewegten Studenten auf seiner Rolle als Lehrer und nicht als Führer.

Am 27 Januar 1906 wurde der 47. Kaisergeburtstag als Schulakt begangen und am 19. Februar bestand Eugen Rosenstock seine Reifeprüfung am Joachimstahlschen Gymnasium. Am 27. Februar wurde die Silberhochzeit des „Allerhöchsten Kaiserpaares“ gefeiert, am 7. April 1906 begannen die Osterferien und am 5. Mai 1906 schrieb er sich, vermutlich auf Empfehlung seines Schwagers Hermann U. Kantorowicz, zum Studium in Zürich ein. Für ihn begann nun ein neuer Lebensabschnitt jenseits des Kaiserreichs.

Sven Bergmann

7. Zwei Seiten der Apokalypse

Die intellektuelle Weltgeschichte des Jacob Taubes

Nach Finanzkrisen, Pandemien, Angriffskriegen und Großkonflikten kündigt sich für den 12.12.2022 eine Apokalypse im deutschen Buchhandel an. In die Großbuchstaben des Schutzumschlages läßt sich wahlweise eine APOkalypse oder eine Apokalypse hineindeuten, schließlich ist Jacob Taubes einer der schillerndsten Virtuosen des Denkens in existentiellen Dimensionen im 20. Jahrhundert. Wo er war, da spielte die Musik, nicht weil er so virtuos trommelte, sondern weil er ein Menschenfischer war, der das intellektuelle Gras wachsen hörte. Viele dieser Freunde und Feinde versammelt Jerry Z. Muller zu einem großen Hexensabbat der Apokalypse von Rechts und Links, Optimisten und Pessimisten: Kabbalisten und Talmudisten, konservative Revolutionäre und christliche Sozialisten, Gnostiker und Frankfurter Schüler, Kathedersozialisten und Marxisten, politische Theologen, Dialektiker und Dialogiker, Feministen, Existentialisten, Depressive und Sanguiniker.

Es gibt x-te Biographien und es gibt Biographien, die die Geduld strapazieren. Jerry Mullers Lebensgeschichte von Jacob Taubes zählt sicher zu der zweiten Kategorie. Und ausgerechnet der Vordenker der amerikanischen Rechten, Irving Kristol, gab 2003 den Anstoß zu dieser Biographie. Jerry Muller ist in Deutschland kein Unbekannter. Mit seiner Biographie über den Soziologen und konservativen Revolutionär Hans Freyer machte er sich 1987 nicht nur in Deutschland einen Namen. Jetzt legt der emeritierte Professor der katholischen Universität in Washington D.C. seine lange erwartete Biographie über Jacob Taubes vor. Fast 100 Interviews hat der Autor geführt, viele Archive in Amerika, Europa und Israel aufgesucht und Zeitschriften durchforstet. Eine Herausforderung, die bei einer so enigmatischen Figur wie Jacob Taubes kaum überschätzt werden kann. Der „intellectual entrepreneur“ hat sich seine Position vor allem im Gespräch und im Briefwechsel erobert und zu Lebzeiten lediglich eine Monographie veröffentlicht, und diese auch nur im Auszug.

Muller gelingt ein faszinierendes Portrait einer unsteten Wanderschaft zwischen Kontinenten und geistigen Spannungszentren. Sproß einer weitverzweigten Rabbinerfamilie mit Wurzeln im Gebiet der heutigen Ukraine wurde Taubes 1923 in Wien geboren, auf der historischen Durchreise seiner Familie zum sozialen Aufstieg nach Westen und auf der Flucht. Taubes ging in der Schweiz zur Schule und knüpfte dort Kontakte, die ihn schließlich in die USA und dann auf die einsame Insel Westberlin führen. Jüdische Herkunft, deutsche Erziehung, eine Jugend im Schatten des Nazismus und der Ankunft des Doktors der Philosophie in der neuen Hauptstadt des Westens New York 1947, die Verbindung von Heilsgeschichte und Marxismus, die Faszination von Paulus zwischen Judentum und Christentum gaben diesem Leben den Schwung, auch herbe Enttäuschungen immer wieder wegzustecken. Außerdem verfügte er mit Hebräisch, Griechisch und Latein sowie Englisch, Französisch und Deutsch über das hinreichende Werkzeug zur Vermittlung zwischen Nationen, Kulturen und Religionen. Aber es war auch ein Leben am Abgrund. Nicht wenige Menschen in seinem Umfeld haben sich das Leben genommen, darunter seine erste Frau Susan. Ausführlich analysiert Muller ihren berühmten Schlüsselroman „Divorced“.

Dem Autor gelingt es geschickt, das verminte Gelände der intellektuellen Debatten zwischen Links und Rechts, zwischen Etablierten und Außenseitern passierbar zu machen und die Konflikte zwischen Marxisten, Liberalen und konservativen Revolutionären plastisch vorzuführen. Viele der intellektuellen Baustellen der Nachkriegszeit werden kräftig ausgeleuchtet und gerade die Konflikte im Deutschland der 70er und 80er Jahre erscheinen in neuer Beleuchtung, wenn man die dahinter liegenden Personenkonstellationen so dicht vorgeführt bekommt wie in dieser Biographie. Taubes war ein quicklebendiger und neugieriger Geist, der erst einmal alles in Frage stellte, bevor er Grenzen und Verbote markierte. Insofern steht er quer zu den immer heftigeren akademischen Passkontrollen der Gegenwart.

Allein die Namen der auftretenden Personen lassen die Biographie funkeln: Tillich, Strauss, Voegelin, Niebuhr, Kissinger, Elliot, Rosenzweig, Rosenstock, Glatzer, Scholem, Schoeps, Herberg, Schmitt, Kojève, Friedrich, Kelsen, Balthasar, Celan, Dutschke, Gollwitzer, Rix Löwenthal, Arendt, Susman, Heidegger, Kojeve, Lubac, Neumann, Bergmann, Blumenberg, Marcuse, Horckheimer, Adorno, Benjamin, Habermas, Buber, Baeck, Lukács, Bloch, Sombart, Faber, Kittsteiner, Kamper, Glotz, Nolte, Marquard, Lübbe, Jan und Aleida Assmann, Karl Barth, Erik Petersen.

Später einflußreiche Persönlichkeiten wie Daniel Bell und Irving Kristol, die für fast gegensätzliche Grundpositionen stehen, saßen in seinen Seminaren. Seine eigene Lebensphilosophie hat er später erläutert, sich immer auf die Seite der gesellschaftlich Schwächeren zu stellen. Nicht jeder wird ihm diese Erklärung abnehmen. Gerade die Konfliktlinien an den Berliner Universitäten der 60er und 70er Jahre und seine Rolle als Impresario der Studentenbewegung haben Verbindungen für immer gekappt. Dafür wird erstmals vieles, was nur gerüchteweise bekannt war, hier im Kontext belegt und dokumentiert: seine Schnittstellen mit der Frankfurter Schule, seine sprunghaften Initiativen, sein spätes Gespräch mit Carl Schmitt, seine Verbindung zur Familie Assmann. Taubes war einer der treibenden Kräfte der „Suhrkamp-Kultur“, von daher empfiehlt sich ein Abgleich mit den jüngst erschienen Briefen des Cheflektors des damals noch in Frankfurt residierenden Verlages: Walter Boehlich, „Ich habe meine Skepsis, meine Kenntnisse und mein Gewissen.“ Briefe 1944 bis 2000, Frankfurt a.M.: Schöffling & Co. 2021.

Der Autor geht nur kurz auf das „Billardspiel“ zwischen Franz Rosenzweig und Eugen Rosenstock- Huessy sowie das Leipziger Nachtgespräch ein. Der umfangreiche und vor allem Anfang der 50er Jahre intensive Briefwechsel mit dem Autor von „The Christian Christian Future or the Modern Mind Outrun“ wird nur gestreift, die Konfliktlinien mit Karl Barth oder Patmos und Kreatur tauchen nicht auf. Dem Dialog mit Leo Strauss wird deutlich mehr Präsenz eingeräumt. Dennoch sollte nicht unterschätzt werden, daß es dem Autor gelingt, die Aura der Diskussionen nach Nietzsche, belebt durch Harnack, bedrückt durch den unterschwelligen Antisemitismus, überlagert durch akademische Eifersüchteleien herauszuarbeiten. Die Kontroversen und Interpretationen im Blick auf das Alte und das Neue Testament ziehen sich wie ein roter Faden durch die Biographie. Ist Gott anwesend oder abwesend, was mutet er uns zu, wie können wir wissen, was er uns sagen will?

In Rosenstock, Taubes found an interlocutor who provided a link to interwar German intellectual life, and with whom he could express his own regrets over what he then saw as the definitive end of the German-Jewish relationship. “The German-Jewish marriage was a rare event, and rarely has the Jewish partner courted love as in this instance . . . [but] the Jewish-German marriage has ended in definitive divorce,” Taubes wrote. (S.193)

Nachdem er seine ersten akademischen Schritte dem Messianismus widmete: „Die Begründung des Sozialismus durch Karl Marx“, später unter dem Titel „Abendländische Eschatologie“ veröffentlicht, interessierten ihn in den 80er Jahren die Fragen der Posthistoire. Taubes war der Ansicht, daß der Westen in ein postchristliches Zeitalter eingetreten sei. Immer kreiste sein Denken um Säkularisierung, Politische Theologie, Heilsgeschichte, Christentum und Judentum und das Ende der Geschichte. Seine fortschrittsoptimistischeren Freunde von links bat er um Entschuldigung, daß es ihm unmöglich sei, bloß in einer Welt zu leben. 1947 lernte er an der Universität Armin Mohler, den späteren Sekretär Ernst Jüngers, kennen, der auch die Thesen seiner Promotion kommentierte. Über diesen Kontakt blieb Taubes im Gespräch mit Rechts, und führte schließlich in den 80er Jahren Auge in Auge Gespräche mit dem 90-jährigen Carl Schmitt. Damals waren die Wälder oberhalb von Pasel noch intakt. Wie es auch für den Dialog zwischen Franz Rosenzweig und Eugen Rosenstock charakteristisch war, so wurde das Gespräch in Plettenberg erst nach einer klaren Markierung der existentiellen Frontstellung möglich.

Die eigentliche Bedeutung der Biographie liegt in der detailreichen Darstellung der formativen Jahre im Kreise seiner weit verzweigten Rabbinerfamilie. Taubes, der sich selber als „Erzjude und Urchrist“ bezeichnet hat, war seit frühester Jugend fasziniert von der Person Paulus. In einem Brief an Gerschon Scholem zog er eine Parallele zwischen dem antiken Imperium Rom und New York, der neuen Hauptstadt des Westens: Aber bisher habe noch niemand einen Römerbrief an New York geschrieben, „but who knows?“. Natürlich studierte er Karl Barths Kommentar zum Römerbrief und eine starke Inspiration seines Denken war sein Vater Zwi:

On Saturday, February 10, 1940, Zwi Taubes gave a carefully prepared lecture on “What Judaism, Christianity and Islam Have in Common.”. It was only months after Nazi Germany had dismembered Czechoslovakia and conquered Poland, and British troops were already in France preparing to defend against an expected German attack. In the present moment of crisis, Zwi proclaimed, in which the central conflict was between religion and Nazi racism, the existing religions needed to renew themselves. “The world is mired in an eschatological final struggle; only a new heroism born of religious intensity can lead beyond it,” he declared. (S.108)

Jerry Muller legt alles andere als eine „Heilsgeschichte“ seines Protagonisten vor. Deutlich, aber ohne Sensationsallüren, vermerkt er dessen Schwächen, seine Sprunghaftigkeit, seine Aneignung fremden Wissens, seine erotischen Abenteuer und seine gelegentlich manipulative Querfrontdiplomatie. Und dennoch gelingt es ihm deutend zu verstehen, warum Taubes trotz allem einer der interessantesten Intellektuellen seiner Zeit bleibt.

Für den bereits von seiner Krebserkrankung gezeichneten Taubes schloß sich 1987 ein Kreis, als er am Forschungsinstitut der Evangelischen Studiengemeinschaft in Heidelberg vor einem ausgesuchten Kreis seine Paulusinterpretation als eine Art Vermächtnis vorstellte. In seiner Zusammenfassung führt Jerry Muller aus, daß Taubes erst nach seinem Tod durch die Veröffentlichung seiner Aufsätze und Briefwechsel eine unerwartete Aufmerksamkeit erfahren hat. Der Briefwechsel mit Eugen Rosenstock-Huessy steht noch aus. Es wird weiter über Jacob Taubes zu verhandeln sein, nicht nur über seinen Paulus.

Jerry Z. Muller, Professor of Apocalypse. The many Lives of Jacob Taubes, Princeton University Press 2022.
Jerry Z. Muller, Professor der Apokalypse. Die vielen Leben des Jacob Taubes, Berlin: Jüdischer Verlag 2022.

Sven Bergmann

8. Tagungsort und Anmeldung

Die Jahrestagung findet vom 30. September bis 2. Oktober 2022 statt im

Haus Wiesengrund,
51588 Nümbrecht-Überdorf,
Tel.: 02262 – 27 33.
www.wiesengrund-ueberdorf.de

Beginn ist am 30. September 2022 um 18 Uhr mit dem Abendessen.

Kosten

Die Kosten betragen €180 für die Unterbringung im Einzelzimmer mit Dusche/WC. Interessenten, die die Tagungskosten nicht in voller Höhe aufbringen können, mögen sich bitte an Thomas Dreessen oder ein Vorstandsmitglied wenden.

Anmeldung

bitte an Thomas Dreessen, Tel. 0(049) 178 719 7009 t.dreessen@gmx.net
Thomas Dreessen

9. Einladung zur ordentlichen Mitgliederversammlung

am 1. Oktober 2022, 14:30 Uhr

Haus Wiesengrund, Nümbrecht

TOP 1: Begrüßung der Mitglieder, Feststellung der Beschlussfähigkeit
  und Festlegung der Protokollführung
TOP 2: Genehmigung des Protokolls der Mitgliederversammlung

  vom 20. November 2021 in Essen
TOP 3: Anträge zur Änderung/Erweiterung der Tagesordnung
TOP 4: Bericht und Ausblick des 1. Vorsitzenden mit Aussprache
TOP 5: Kassenbericht für das Geschäftsjahr 2021
TOP 6: Berichte der Kassenprüfer
TOP 7: Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2021
TOP 8: Buchprojekte
TOP 9: Berichte von Respondeo, vom Eugen Rosenstock-Huessy Fund

  und der Society und von Projekten einzelner Mitglieder
TOP 10: Verschiedenes

Jürgen Müller

10. Programm der Jahrestagung

„Seit ein Gespräch wir sind”

Freitag, 12.4 18:00 Eintreffen
  18:30 Abendessen
  19:30 Der Mitgliederbrief im Gespräch
  21:00 Geselliges Beisammensein
Samstag, 13.4 8:30 Frühstück
  9:30 Textlesung: Die Atlantische Revolution
  10:15 Pause
  10:30 Die Atlantische Revolution im Kontext der Russischen
und der Weltkriegsrevolution
  12:15 Pause
  12:30 Mittagessen
  15:00 Kaffeepause
  15:30 Mitgliederversammlung
  18:30 Abendessen
  20:00 Tanz und Takt. Musikalische Impressionen
  21:30 Geselliges Beisammensein
Sonntag, 14.4 8:00 Morgenandacht
  8:30 Frühstück
  10:00 Kleine Gemeinschaften
  11:00 Abschlußrunde
  12:30 Mittagessen
  13:00 Abreise

11. Adressenänderungen

Bitte senden sie eine eventuelle Adressenänderung schriftlich oder per E-mail an Thomas Dreessen, er führt die Adressenliste. Alle Mitglieder und Korrespondenten, die diesen Brief mit gewöhnlicher Post bekommen, möchten wir bitten, uns soweit vorhanden, ihre Email-Adresse mitzuteilen.

Thomas Dreessen

12. Hinweis zum Postversand

Der Rundbrief der Eugen Rosenstock-Huessy Gesellschaft wird als Postsendung nur an Mitglieder verschickt. Nicht-Mitglieder erhalten den Rundbrief gegen Erstattung der Druck- und Versandkosten in Höhe von € 20 p.a. Den Postversand betreut Andreas Schreck. Der Versand per e-Mail bleibt unberührt.

Thomas Dreessen

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